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THX, Hasselblad & Dolby: Wenn Nischenmarken in den Mainstream wollen

Noch vor zehn Jahren waren Nischenmarken wie Hasselblad, Dolby und THX nur einem ausgewählten Publikum bekannt. Dolby hatte in den 70er- und 80er-Jahren große Erfolge mit Rauschunterdrückungssystem in der analogen Audiowiedergabe, konzentrierte sich danach ausschließlich auf Mehrkanaltonsysteme. THX ist durch George Lucas gegründet worden und war einst eines der Top-Siegel für Audiosysteme im Kino. Hasselblad produziert seit Jahrzehnten Fotokameras für professionelle Studioanwendungen, die außerhalb dieser Blase so gut wie unbekannt sein dürften. Nun beschreiten die Nischenfirmen einen langsamen, aber stetigen Weg in den Mainstream.

In den letzten Jahren sehen wir eine zunehmende Entwicklung: Logos und Zertifizierungen werden wie wild auf alle möglichen Produkte geklebt. Ob es dabei nun um Fernseher, Smartphones oder Notebooks geht – man ist nicht mehr sicher von Dolby-Aufklebern oder Handykameras, die in Zusammenarbeit mit irgendwelchen Premiummarken entwickelt wurden. Wie die wilde Zertifizierungswut den einst prestigeträchtigen Marken schadet und warum es sich trotzdem um ein lukratives Geschäft handelt, schauen wir uns in diesem Artikel an. 

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Das Mi Notebook Pro GTX – mit Dolby Atmos-Aufkleber auf der Unterseite

Zertifizierungen, Standards und ihre Bedeutung

Ein wirklich gutes Beispiel habe ich eben schon angeschnitten: Dolby und seine Rauschunterdrückung in Kassettenabspielgeräten. Kein Musikliebhaber ist um dieses Medium herumgekommen und das Dolby-Logo hat sich wie ein Fanal in das geistige Auge dieser Generation eingebrannt. Ein gutes Kassettendeck hatte eben ein Dolby-Logo und das hat sich auch in der Wiedergabequalität widergespiegelt.

Dolby Atmos LogoSelbiges gilt für den Standard THX. 1983 gründete George Lucas das Qualitätssiegel und erschuf damit eine Legende. Das System vereinheitlichte die Akustik eines Films vom Tonstudio bis in den Kinosaal und sorgte für ein perfektes Klangerlebnis. Das Siegel garantiert dem Kinozuschauer eine bestimmte Qualität und hat damit einen eindeutigen Nutzen.

Ähnlich sinnvolle Zertifizierungen und Standards gibt es natürlich auch heute noch. Die IP-Zertifizierungen versprechen Schutz gegen das Eindringen von Staub und Wasser, die CE-Kennzeichnung garantiert die Einhaltung europäischer Normen und das kleine “E” auf Getränken die korrekte Eichung der Zapfanlage. All das wird kontrolliert, verpflichtet zur Einhaltung gewisser Standards und garantiert gewissermaßen, dass man kein minderwertiges Produkt erhält.

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Blackview BV4900 Pro – ein Smartphone mit IP-Zertifizierung

Der Weg in den Mainstream – Größenwahnsinn oder kluger Schachzug?

Kommen wir zurück zu den beiden prominenten Beispielen Dolby und THX. Nachdem beide Unternehmen ihre Blütezeit hatten, verloren sie mit den Jahren an Bedeutung. Heute ist in Deutschland kaum mehr ein Kinosaal entsprechend zertifiziert, da die Lizenzkosten einfach zu hoch sind. Kassettendecks kauft und produziert sowieso kaum jemand mehr, wodurch auch das Dolby-Logo aus der täglichen Wahrnehmung verschwunden ist.

Razer Headset mit ThX

Gaming-Headset von Razer mit THX-Logo

Die Unternehmen dahinter mussten sich nach Alternativen umsehen. THX wurde 2016 kurzerhand von Razer gekauft und das Logo seitdem auf diverse Gaming-Headsets des Herstellers gepflastert. Dolby hat hingegen seinen Standard Atmos so angelegt, dass das Logo letztendlich auf nahezu jedem Produkt kleben könnte. Die Produkte, die selbst den niedrigen Anforderungen nicht Genüge tun, bekommen eben das Dolby-Logo spendiert. Willkommen im Mainstream!

Möglicherweise war dieser Schritt nötig, um die Rentabilität zu wahren. Dennoch schadet es dem Ansehen von Dolby Atmos, wenn das Logo selbst auf Smartphones und Tablets prangt, weil dort ein kompatibler Software-Equalizer eingebaut ist. Mit dem Dolby Atmos, das objektbasierten Mehrkanalton für das Heimkino verspricht, hat das nichts zu tun. Und die Gaming-Headsets von Razer mit THX-Logo bieten natürlich auch nicht dasselbe Erlebnis, wie in einem zertifizierten Kino.

OnePlus 9 Pro Test Geraet Farbe

OnePlus 9 Pro mit Hasselblad-Kamera

Der Trend macht sogar vor Luxusmarken nicht halt

Die Liste geht aber noch weiter. Leica ist ein hoch angesehener Hersteller aus der optischen Industrie. Selbst Kompaktkameras der Marke sind für viele Menschen unbezahlbar und stellen für einige Fotografen einen unerreichbaren Traum dar. Ähnlich ist es bei Hasselblad. Das Unternehmen ist spezialisiert auf klobige Mittelformatkameras, die so gut wie ausschließlich in professionellen Fotostudios zum Einsatz kommen. Nun kleben die Logos auf Smartphones der Marken Huawei und OnePlus.

Eine weitere Sparte ist Car-Audio. Bang & Olufsen, Dynaudio, Burmester – diese Namen waren einst nur zahlungskräftigen Enthusiasten bekannt. Nun gibt es Soundsysteme, die diese Logos tragen in Fahrzeugen von Audi, Mercedes-Benz und Volkswagen. Mit den Lautsprechern und sonstigen Produkten, die ursprünglich unter dieser Flagge erschienen und teilweise immer noch erscheinen, hat das nicht viel zu tun.

HUAWEI Mate 40 Pro Mystic Silver 18

Huawei Mate 40 Pro mit Leica-Kamera

Nischenmarken im Mainstream: Die Wahrheit über die Zwecksymbiose

Die zwei großen Fragen sind eigentlich folgende: “Was soll das ganze?” und “Kommen diese Produkte wirklich von den einstigen Premiummarken?“. Die erste Frage kann ich auch nicht vollständig beantworten. Dem durchschnittlichen Smartphone-Käufer ist Hasselblad vermutlich nicht einmal bekannt – dennoch prangt das Logo auf dem OnePlus 9 Pro. Geht die Oppo-Tochter davon aus, dass Interessenten nach dem Markennamen Hasselblad suchen und dann mitbekommen, dass es sich um eine exklusive Marke aus dem Premium-Segment handelt? Das kommt mir wie ziemlich sperriges Marketing vor.

Leica LogoFür viel wahrscheinlicher halte ich, dass man auf die Kraft der Medien setzt. “OnePlus x Hasselblad” lief gefühlt wochenlang über jedwede Technik-Ticker im Internet und die Zusammenarbeit wurde bereits vor der Veröffentlichung des Smartphones hoch angepriesen. Die Medien kauen dem Konsumenten vor, dass Hasselblad ja total toll sei und der Käufer lässt sich durch das potenzielle Wissen Dritter beeindrucken und kauft das Smartphone. Ein weiterer Punkt ist natürlich auch das einfache Kopieren der Konkurrenz. Was bei Huawei mit Leica funktioniert, das klappt wohl auch bei OnePlus mit Hasselblad. Liebe Handyhersteller: Kopiert doch anstatt einem Marketing-Schriftzug lieber die Hardware und Software ?. Wir Endkunden haben damit absolut kein Problem!

Medienberichten zufolge ist OnePlus die dreijährige Zusammenarbeit übrigens 150 Millionen Euro wert. Als Gegenleistung gibt es einerseits den Schriftzug, andererseits Hilfe bei der Anpassung der Kamera. OnePlus schickte Testaufnahmen an Hasselblad-Ingenieure, die diese bewerteten. Daraufhin passte der Smartphone-Hersteller die Algorithmen an, was zumindest die Farbwiedergabe verbesserte. Dass Leica oder Hasselblad nun Spezialisten für Smartphonekameras sind, ist aber weit hergeholt. OnePlus konnte mit dem 9 Pro zwar das beste Kameraergebnis bislang abliefern, kann aber immer noch nicht mit Huawei, Xiaomi oder Samsung mithalten. Die Partnerschaft zwischen Huawei und Leica neigt sich übrigens dem Ende und das Logo könnten wir vielleicht bald auf Xiaomi Smartphones sehen ?.

Wie viel Premium ist wirklich drin?

Bei Hasselblad und OnePlus handelt es sich bisher um eine eher hintergründige Zusammenarbeit, auch wenn erste Ergebnisse bereits sichtbar sind. Huawei und der deutsche Kamerahersteller Leica haben eine ähnliche Partnerschaft, die uns jahrelang gute Smartphone-Kameras beschert hat. Xiaomi, Samsung und Google schaffen das aber auch, ohne einen großen Namen mit ins Boot zu holen. Wie viel auf technischer Seite wirklich von Leica und co. fabriziert wird, lässt sich abschließend nicht klären.

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Ein gern gesehenes Logo im Car Audio-Bereich

Ganz eindeutig ist die Situation hingegen im Bereich Car-Audio. Die Anlagen sind häufig gut, stammen aber selten vom Markenspender selbst. Die Auto-Sparte von Bang & Olufsen gehört beispielsweise seit 2015 zu Harman, das wiederum zu Samsung gehört. Es ist unwahrscheinlich, dass Toningenieure von B&O tatsächlich an den Systemen mitarbeiten. Die Systeme von Burmester werden hingegen tatsächlich dort entwickelt, häufig in enger Zusammenarbeit mit Porsche oder Mercedes-Benz.

Insgesamt steht mittlerweile außen häufig ein toller Name drauf – es ist aber völlig unklar, was wirklich drin ist. Unter dem Strich schadet das dem Luxus-Image der betroffenen Marken, nützt aber den Auto- oder Smartphone-Herstellern. Enthusiasten ist klar, dass ein B&O-Soundsystem in einem Computer nichts mit den sündhaft teuren Lautsprechern des Unternehmens zu tun hat. Andererseits lassen sich mit den bekannten Markennamen Kunden locken. Außerdem bricht das Geschäftsfeld Hi-Fi immer weiter ein, ebenso der Kameramarkt. Selbst alteingesessene Hersteller müssen sich dem Zeitgeist anpassen.

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Was hat das Mi Notebook Pro mit Dolby Atmos zu tun?

Nische & Mainstream verschwimmen: Fazit

Die Synergien der Unternehmen fördern oft Innovation zutage und eignen sich hervorragend für das Bewerben der Produkte. Der Endverbraucher steht aber immer öfter ratlos da: Was bedeutet das Dolby-Logo auf diesem Laptop? Wie viel Hasselblad steckt wirklich in den Kameras des OnePlus 9? Was bedeutet ein THX-Logo auf einem Gaming-Headset? Die einst für puren Qualitätsanspruch bekannten Marken und Siegel verschwimmen mit dem dauerhaft unter Preisdruck stehenden Mainstream.

Wie bewertet ihr diese Entwicklung in der Technikwelt? Sollte Dolby bei Mehrkanaltonsystemen bleiben oder stören euch die wild verteilten Aufkleber auf Smartphones und Notebooks nicht weiter? Wir sind sehr gespannt auf eure Meinung!

Übrigens – aktuell haben wir zwei Produkte von Bang & Olufsen im Test, die definitiv dem Premium-Anspruch der Marke gerecht werden: Beosound Balance & Beosound 2. Die Testberichte folgen in einigen Wochen innerhalb des HiFi Corner hier auf ChinaHandys.net.

Quellen


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Ulli
Gast
Ulli (@guest_78871)
3 Jahre her

Ich habe mir vor 18 Jahren ein 5.1-Soundsystem von Logitech gekauft. Dabei habe ich mich wirklich von der THX-Zertifizierung beeindrucken lassen. Kostete damals im Media-Market stolze 499 Euro.
Der Klang ist aber ziemlich beeindruckend. Jahrelang habe ich damit auch private Partys mit bis zu 80 Gästen beschallt. Noch heute nutze ich das System in meinem Wohnzimmer am Fernseher und leistet gute Arbeit. Vor etwa 2 Jahren war die Fernbedienung defekt, die ich aber beim Chinesen für etwa 15 Euro ersetzen konnte.

Marko
Gast
Marko (@guest_78837)
3 Jahre her

Sehe ich genauso, wie ihr das beschrieben habt. Mir stellen sich die Nackenhaare hoch wenn jemand meint sein Smartphone beherrscht Dolby Atmos.

Peter Lankton
Gast
Peter Lankton (@guest_78830)
3 Jahre her

Danke für den Artikel bzw. Bericht!
Allerdings hätte ich mir gewünscht, nach dem Lesen schlauer zu sein als vorher, was die Logos betrifft bzw. was diese nun eigentlich aussagen. Der Bericht geht zwar darauf ein, dass diese oft wertlos sind, aber wieso dem so ist kommt mir etwas zu kurz. Wenn ich z.B. neue Boxen kaufe, dann achte ich auf das THX-Logo. Das Logo besagt, dass ein gewisser Standard eingehalten wird, daher nehme ich an, dass eine Anlage mit THX-Logo besser klingt, als eine ohne. Oder sehe ich da etwas falsch?

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