Mit dem Aquila S2 bringt Voxelab – übrigens eine Tochterfirma des bekannten 3D-Drucker-Herstellers Flashforge – einen Hochtemperatur-3D-Drucker auf den Markt, der sich preislich an Einsteiger und Enthusiasten mit geringem Budget richtet. Hierzu hat der 3D-Drucker ein flexibles und magnetisches PEI-Druckbett bekommen und eine Direkt-Extruder-Einheit, die eine Temperatur von 300 °C erreichen kann. Somit ist der 3D-Drucker in der Lage, Materialien wie PLA, PETG aber auch ABS, ASA, Nylon, PAHT, TPU und viele weitere zu drucken. Dabei soll der Aquila S2 aktuell 319 € direkt beim Hersteller kosten.
Wir haben uns den Drucker für euch angeschaut. Ob das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, lest ihr in diesem Test.
Lieferumfang und Aufbau
Der Voxelab Aquila S2 kommt heile und gut verpackt bei uns an. Im Gegensatz zu 3D-Druckern wie dem Anycubic Vyper oder dem Longer LK5 Pro ist das Gerät nicht so weit vormontiert. Die Basis ist bereits komplett. Bevor es ans Drucken geht, müssen wir die X-Z-Ebene aus einzelnen Aluprofilen zusammenbauen sowie zahlreiche Anbauteile anschrauben (z.B. Motoren und Endschalter). Das ist kein Schaden, verlängert aber die Aufbauzeit auf 30 – 60 Minuten. Immerhin sind alle Kleinteile nach Größe sortiert verpackt.
Im Karton befindet sich folgender Lieferumfang:
- Der 3D-Drucker, Schrauben sowie einige Ersatzteile (5 Druckdüsen 0,4 mm, Abdeckkappen, Kabelbinder)
- Ein Werkzeug-Paket mit Maul- und Inbus-Schlüsseln
- Eine Mikro SD-Karte
- Ein Kartenleser im USB-Stick Format
- Software und Test-G-Code auf der Karte
- Metall-Spachtel
- Kurze Aufbauanleitung
- Ca. 5 Meter rotes PLA
Der Anleitung folgend bringen wir zunächst die beiden Pfosten des X-Z-Portals links und rechts an der Basis an. Danach kann der Motor der Z-Achse, der Z-Endschalter und die Gewindespindel mit dem linken Pfosten verbunden werden. Nun ist die X-Achse an der Reihe. Hier wird das bereits mit der Basis verbundene Hot-End auf die X-Führung geschoben und danach die Riemenführung sowie der X-Achsenmotor an der X-Führung befestigt. Da das Hot-End bereits mit der Basis verbunden ist, sollte hier stark darauf geachtet werden, beim Hantieren keine großen Zugkräfte auf das Kabel zu geben. Nachdem die fertige X-Achse auf das X-Z-Portal geschoben wurde, werden die beiden Pfosten mit einem Aluprofil oben verbunden und bilden dann eine stabile Einheit. Durch den eher kleinen Bauraum von 220x220x240 mm und die somit recht kurzen Aluprofile ist das Konstrukt sehr windungsarm. Somit kann man auf eine gute Oberflächenqualität der Drucke hoffen.
Der Aufbauprozess des Aquila S2 erinnert mich an meinen ersten 3D-Drucker – der Kossel XL, ein Delta-3D-Drucker – da musste noch jede kleine Schraube eigenhändig an die richtige Stelle gebracht werden. Der Aufbau hat sich über Tage gezogen, aber danach wusste man genau wo was zu sein hat und wieso.
Nachdem wir das X-Z-Portal fertiggestellt haben, kann der Filament Halter oben am Portal mit zwei Schrauben befestigt werden.
Als Letztes bringen wir nun noch das farbige 4,3 Zoll Display vorne rechts an der Basis des 3D-Druckers an. Hierbei handelt es sich nicht um ein Touchdisplay, die Bedienung erfolgt über einen Druck-Dreh-Schalter unterhalb des Displays. Auch hier kommen Erinnerungen an meinen ersten 3D-Drucker in mir auf. Die Bedienung und Navigation durch die verschiedenen Menüpunkte in der Firmware funktionieren ausgezeichnet.
Nachdem alle Teile an der richtigen Stelle sind, müssen wir jetzt noch die Exzenterschrauben der Nutrollen an der X-Achse und der Y-Achse einstellen, damit wir kein Spiel in der Bewegung der Achsen haben.
Und zu guter Letzt stellen wir die Riemenspannung der X- und Y-Achse auf die richte Spannung ein.
Hardware des Voxelab Aquila S2
Voxelab Aquila S2 | |
Eingesetzte Technologie | FDM, FFF |
Maximales Druckvolumen | 220 mm × 220 mm × 240 mm |
Aufstellgröße (ohne Kabel) | 60 cm (47 cm) × 46 cm × 63 cm |
Bewegungssystem | X, Y, Z-Einzelantrieb Kartesisch |
Extruder | Direct Drive Extruder |
Firmware des Testgerätes | Aquila S2 N32 Firmware V6.1.1 G-Code-Kompatibel |
Schrittmotortreiber | 4 × TMC2208 (verlötet ohne UART) |
Anschlüsse | microSD, USB-Typ-micro-B |
Steuerung | Bildschirm mit Rotary-Encoder, serielles Interface über USB |
Spannungsversorgung | 110 V – 240 V zu 24 V Netzteil mit 350 W |
Der Voxelab Aquila S2 ist ein klassischer 3D-Drucker im kartesischen Design. Das Druckbett wird also entlang der Y-Achse vor und zurückbewegt, während der Druckkopf auf der X-Achse nach links und rechts bewegt wird. Die X-Achse selbst wird über eine Gewindespindel entlang der Z-Achse hoch und runtergeführt. Hier hätte eine zweite Gewindespindel plus Motor vielleicht noch mehr Stabilität in der Z-Richtung gebracht. Aber der Preis des 3D-Druckers wäre dann wohl auch gestiegen und das Druckbild des Aquila S2 ist ohnehin als gut zu bewerten.
Hervorheben kann man die Hot-End-Extruder-Kombination. Durch die 300 °C, die das Hot-End erreichen kann und die Tatsache, dass es sich um einen Direkt-Extruder handelt, gab es keinerlei Probleme bei der Extrusion von anspruchsvolleren Filamenten wie TPU, ASA oder ABS. Besonders bei TPU machte sich der Direkt-Extruder bemerkbar und es kam zu keinem Zeitpunkt zu Unterextrusion. So konnten wir den Reifen, den wir als Testobjekt ausgesucht haben, mit über 30 mm/s drucken. Das hätten viele andere Geräte nicht so sauber hinbekommen.
Um auch Filamente wie Nylon, ABS oder ASA drucken zu können, verfügt der Voxelab Aquila S2 über ein Heizbett, welches die Druckplattform auf bis zu 140 °C aufheizen kann. Somit sind die thermischen Rahmenbedingungen für den Hochtemperaturdruck geschaffen. Allerdings kommen wir damit auch zum Kritikpunkt an dem Aquila S2 – das Warping. Für das Warping, also das Anheben der Kanten von Drucken aufgrund von Materialspannungen durch thermische Längenausdehnung, kann der Voxelab Aquila S2 natürlich nichts. Aber jeder potenzielle Käufer soll gewarnt sein. Um Hochtemperaturkunststoffe zu drucken, ist ein geschlossener Bauraum fast unerlässlich. Und genau dieser fehlt beim Aquila S2, hier wäre es wünschenswert, wenn es eine passende Einhausung als Zubehör direkt bei Voxelab gäbe.
Ich möchte aber auch klarstellen, das ist kein Beinbruch. Soll der Aquila S2 für anspruchsvollere Filamente genutzt werden, muss der Bauraum geschlossen werden. Dafür gibt es im Netz tausende Ideen und Vorschläge – vom einfachen Mini-Zelt für den 3D-Drucker bis hin zum beleuchteten und im Brandfall selbst löschenden Druckerschrank.
Betrieb
Wie bei allen FDM-3D-Druckern ist das Leveln der Druckplattform das Erste, was zu tun ist, wenn ein neuer Drucker in Betrieb genommen wird. Leider hat der Voxelab Aquila S2 kein Auto-Leveling an Board und wir müssen selbst tätig werden. Nach dem Einschalten des Voxelab Aquila S2 erwartet uns eine übersichtliche Anzeige im 4,3 Zoll Farbdisplay. Mit dem Dreh-Encoder navigieren wir auf den Menüpunkt „Control“ und dann auf „Preheat PLA“, um Düse und Heatbed auf Drucktemperatur zu bringen. Dann wählen wir ebenfalls im Menüpunkt „Control“ den Punkt „Disable Stepper“. Nun können wir den Druckkopf per Hand jeden Eckpunkt des Druckbettes bewegen und mit den Einstellschrauben am Druckbett die Höhe so einstellen, dass ein Blatt Kopierpapier grade noch mit leichtem Kontakt zwischen Düse und Druckbett passt. Das Ganze machen wir mehrmals an allen Ecken und auch in der Mitte des Druckbettes zur Kontrolle, bis der Abstand überall stimmt.
Auf der mitgelieferten microSD Karte finden wir den hauseigenen Slicer VoxelMaker, eine Aufbauanleitung im PDF-Format, STL-Dateien von Testobjekten und vorbereitete G-Codes der Testobjekte.
Wir entscheiden uns dazu, direkt die vorbereiteten G-code-Dateien zu drucken. Der SD-Kartenslot ist beim Voxelab Aquila S2 direkt vorne am Gerät platziert – das ist in der Handhabung einwandfrei zugänglich. Will man eine USB-Verbindung zwischen PC und 3D-Drucker herstellen, ist hierzu rechts neben dem SD-Slot auch ein Mini-USB-Anschluss für die Verbindung zum Rechner.
Nachdem wir die Speicherkarte eingesteckt haben, navigieren wir auf den Menüpunkt „Print“ und sehen dort die Liste der Testdateien. Wir wählen als Erstes die Datei „Aquila Test Model.g“. Nach einer Aufheizphase von ca. 3-4 Minuten sind die benötigten 200 °C am Hotend und 60 °C beim Heizbett erreicht und der Aquila S2 beginnt seine Arbeit.
Insgesamt arbeitet der 3D-Drucker sehr leise. Durch die TMC2208 Schrittmotortreiber sind die Bewegungen der Achsen kaum hörbar. Die größte Geräuschemission haben die Lüfter von Netzteil und Druckkopf, aber auch diese sind im Vergleich zu anderen Geräten eher leise. Der Voxelab Aquila S2 kann mit gutem Gewissen in einem angrenzenden Raum betrieben werden, ohne zu stören. Auf dem eigenen Schreibtisch mag es dann aber doch zu laut werden, wenn man sich konzentrieren muss.
Nachdem der 3D-Drucker seine Arbeit beendet hat, finden wir ein fehlerfrei gedrucktes Objekt auf der Bauplattform. Die Oberfläche sieht optimal aus. Durch das PEI-Druckbett lässt sich das Objekt, nachdem Abkühlen, unkompliziert entfernen. Sollte es hier mal schwieriger sein, kann man die Federstahl-Platte auch leicht biegen, dann springt selbst ein großflächiger Druck leicht von der Platte.
Druckqualität
Beim Lesen des vorausgegangenen Textes ist es schon durch geschienen: Der Voxelab Aquila S2 kann bei der Druckqualität durchaus überzeugen. In puncto Maßhaltigkeit spielt er nicht ganz oben mit. Beim Druck des klassischen 2cm Calibration Cube zeigt sich, in X- und Y-Richtung eine Abweichung von ca. + 0,2mm. Die Objekte sind also etwas größer als sie sein sollten. Jedoch liegt der 3D-Drucker voll in den gewohnten Toleranzen. Die Oberflächen der Objekte sind hingegen wirklich schön ebenmäßig.
Durch die hohen Temperaturen, die der Aquila S2 erreichen kann, haben wir auch ABS und ASA Filament für die Testdrucke verwenden können. In beiden Fällen kam es zu keinem Zeitpunkt zu Unterextrusionen oder zum Verstopfen der Düse. Jedoch zeigte sich an den Objekten das eingangs erwähnte Warping so stark, dass die meisten der Testboxen durch die Spannungen im Objekt schon beim Druck Risse zwischen einzelnen Layern bekommen haben. Um also stabile Objekte mit solchen Filamenten herstellen zu können, muss der Drucker eine Einhausung bekommen, die für eine gleichmäßige hohe Temperatur im Bauraum sorgt.
Testergebnis
Die Bewertung des Voxelab Aquila S2 fällt etwas uneindeutiger aus als bei anderen 3D-Druckern, die wir bereits im Test hatten.
Für den Preis von umgerechnet 319 € bekommt man mit dem Voxelab Aquila S2 einen zuverlässigen Drucker, der sich gut bedienen lässt und mit einer Vielzahl an Filamenten umgehen kann. Zumindest, wenn man sich selbst noch um eine passende Einhausung des Druckers kümmert. Wer also auch exotischere Materialien verarbeiten möchte oder häufig mit flexiblem Filament wie TPU zu tun hat, der bekommt beim Aquila S2 viel für sein Geld geboten. Dafür muss man kleine Abstriche beim Komfort machen.
Für Maker, die eher selten das Potenzial des Aquila S2 in puncto Drucktemperaturen ausschöpfen und dafür lieber etwas mehr Komfort im Umgang mit ihrem 3D-Drucker haben möchten, ist der gleich teure Anycubic Vyper die bessere Alternative. Dieser bietet ebenfalls einen sehr stabilen Aufbau, einen etwas größeren Druckbereich sowie eine integrierte Werkzeugschublade. Außerdem bietet der Anycubic Vyper einen Filament Sensor und echtes Autoleveling. Wie so oft im Leben ist eben nicht alles schwarz oder weiß und man sollte den 3D-Drucker nach seinen Bedürfnissen wählen.
Kaufen könnt Ihr den Voxelab Aquila S2 direkt im Shop von Voxelab. Der Versand erfolgt aus einem Lager in Europa.
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