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Der E-Bike-Markt erlebt derzeit einen erheblichen Aufschwung. Das belegen unter anderem die Veröffentlichungen des Zweirad-Industrie-Verbands, der in seiner Marktdatenpräsentation 2022 mitteilt, dass bereits seit 2019 in Deutschland die E-Bike-Produktion über der Fahrrad-Produktion in Deutschland liegt. Auch die Anzahl der verkauften E-Bikes stieg in den vergangenen Jahren stetig. Davon profitieren aber nicht nur die bekannten Marken oder chinesische Anbieter wie Eskute. Im Schatten dieses Booms ist nämlich auch eine stetig wachsende Nische smarter E-Bikes entstanden, die insbesondere durch junge Unternehmen geprägt sind. Bekannte Vertreter sind unter anderem VanMoof und Cowboy. Das Konzept dahinter ist leicht erklärt: gepaart mit einem meist auffälligen Design werden die Fahrräder mit diversen Funktionen ausgestattet, die die Grenze zwischen klassischem Fahrrad und digitalem Gadget zunehmend verschwimmen lassen.
Mit Urtopia betritt jetzt ein weiterer Anbieter diese Marktnische. Das Unternehmen mit Sitz in Hongkong hat über die Crowdsourcingplattform Indiegogo erfolgreich die Umsetzung seines ersten E-Bikes finanziert. Das Urtopia Carbon One ist mittlerweile auch regulär erhältlich und besticht vorwiegend durch sein auffälliges Design. Verantwortlich ist dafür der Designer Mathis Heller, der bereits für bekannte Firmen wie BMW, Ford oder Siemens tätig war. Doch auch die technischen Details und der Funktionsumfang des extravaganten Fahrrads sind beeindruckend. Komplettiert wird das Ganze mit einem Kaufpreis von 3.299 €. Bereits auf der Eurobike 2022 konnte Jonas einen kurzen Eindruck vom auffälligen E-Bike mit euch teilen.
Nun konnten wir in den vergangenen Wochen ein Exemplar des Urtopia Carbon One für euch ausführlich testen.
Rahmen des Urtopia Carbon One
Als Urban-E-Bike ist das Urtopia Carbon One mit seinen 28 Zoll Laufrädern darauf ausgelegt, in der Stadt zügig Strecken zurückzulegen. Dazu passt, dass das E-Bike ohne Federung auskommt und standardmäßig 35 mm Reifen mit niedrigem Profil montiert sind. Außergewöhnlich für ein Fahrrad dieser Kategorie ist hingegen der geschwungene Rahmen aus Carbon. Fast sämtliche Konkurrenten setzen insbesondere in diesem Preissegment auf das günstigere Leichtmetall Aluminium. Urtopia entscheidet sich aber für die teureren Kohlefasern, die dafür bekannt sind, die Grundlage für steife und leichte Rahmen zu sein.
Entsprechend wiegt das Urtopia Carbon One beeindruckend leichte 15 kg inklusive Akku (Größe L). Zum Vergleich: das VanMoof S5 wiegt laut Hersteller satte 23 kg und das Cowboy C4 ist mit 19 kg ebenfalls deutlich schwerer. Eine weitere Charakteristik des Materials und der Herstellung ist die Möglichkeit, komplexere Formen als mit Metall zu gestalten. Urtopia nutzt diese Eigenschaft aus, indem das Sitzrohr des Carbon One nicht klassisch bis zum Tretlager verläuft, sondern bereits beim Ansatz der Kettenstreben endet. Dadurch bietet der hochwertig verarbeitete Rahmen mehr Flexibilität und federt Unebenheiten des Untergrunds besser ab. Außerdem entsteht dadurch natürlich ein ikonisches Design, wenngleich Urtopia nicht der einzige Hersteller von Rahmen mit unterbrochenem Sitzrohr ist. Das deutsche Unternehmen Urwahn und das Indiegogo-Projekt Superstrata setzen ebenfalls auf ein ähnliches Design.
Neben den positiven Aspekten bietet Carbon aber auch einen wesentlichen Nachteil. An und für sich ist Carbon zwar deutlich widerstandsfähiger als Aluminium, aber nur bei vorhergesehenen Krafteinwirkungen. Die Struktur reagiert unter anderem sehr sensibel auf klemmende Kräfte. Das Fahrrad sollte man daher nicht ohne zusätzlichen Schutz an Fahrradträger oder Montageständer klemmen, da das Material sonst nicht sichtbare Beschädigungen davontragen kann. Diese könnten später dann zu Materialversagen und schlimmstenfalls zu einem Sturz führen. Auch sollte man sich bewusst sein, dass ein Sturz mit dem Fahrrad schnell zu einem Riss im Material führen kann, was das Fahrad irreparabel beschädigt. Ich erachte daher im Sportsegment Carbon als sinnvoll, ob das Stadtrad aber auch aus dem edlen Schwarz bestehen muss, ist fraglich. Auf jeden Fall erfordert es einen sensibleren Umgang, zahlt sich dafür aber auch beim Gesamtgewicht des E-Bikes aus.
Erhältlich ist das Urtopia Carbon One erfreulicherweise in zwei verschiedenen Größen. Der Hersteller spart sich im Gegensatz zu vielen Konkurrenten nicht die Entwicklungskosten mehrerer Rahmengrößen. Die Größe M ist laut Urtopia für Personen mit einer Höhe von 170 bis 185 geeignet. Ab einer Höhe von 180 cm bis 195 cm ist die Größe L laut Empfehlung geeignet. Ich habe mich mit 188 cm für einen L-Rahmen entschieden und darauf wohlgefühlt. Störend ist nur die recht hohe Überstandhöhe bei beiden Größen, die durch das Oberrohr gegeben ist. Kleinere Personen oder Personen mit eher kurzen Beinen könnten hier beim Absteigen Schwierigkeiten haben. Außerdem lässt sich der Sattel aufgrund der Bauform nicht weit versenken. In meinem Fall war die tiefste Position passend. Größe L ist daher in meinen Augen eher für Personen ab 185 cm geeignet. Die Gewichtsfreigabe des Fahrrads liegt laut Hersteller bei bis zu 110 kg.
Beim Kauf des Urtopia Carbon One kann zwischen drei verschiedenen Farbvarianten entschieden werden. Die Unterschiede begrenzen sich aber nur auf die Akzente des schwarzen Rahmens. Erhältlich sind Grau, Gelb und Orange. Uns wurde Letztere zum Test zur Verfügung gestellt.
Komponenten und Antrieb des Urtopia Carbon One
Carbon kommt beim Urtopia Carbon One nicht nur beim Rahmen, sondern auch der Gabel, dem Lenker und der Sattelstütze zum Einsatz. Sämtliche Komponenten sind hochwertig verarbeitet, sind aber ausnahmslos proprietäre Lösungen. Wollt ihr eine längere Sattelstütze verbauen oder den Lenker mit einem längeren Vorbau weiter nach vorn versetzen? Keine Chance. Auch ist keine Höhenverstellung des Lenkers möglich. Ferner wird das E-Bike mit einer runden Ausstattung geliefert, die aber keine Schutzbleche und Seitenständer umfasst. Entsprechendes Zubehör bietet Urtopia zwar separat an, die Konkurrenzmodelle sind aber ausnahmslos bereits mit den genannten Anbauteilen ausgestattet. Fest integriert sind hingegen sowohl ein Rücklicht mit Brems- und Blinkfunktion als auch ein Frontlicht. In den Speichen ist zudem pro Laufrad ein Reflektor angebracht. Auch die Pedale sind mit Reflektoren ausgestattet. Damit fehlt zur vollen Erfüllung der StVZO Vorgaben aber noch jeweils ein weiterer Reflektor pro Rad und eine analoge Klingel.
Im Gegensatz zu vielen anderen E-Bikes bietet das Urtopia Carbon One keine Kettengangschaltung. Stattdessen wird die Kraft von der Kurbel über das Gates Carbon Drive CDN System mit Riemen an das Hinterrad mit Nabenmotor weitergeleitet. Denselben Ansatz verfolgen auch VanMoof und Cowboy bei ihren Rädern. In Verbindung mit den unterschiedlichen Unterstützungsstufen des E-Motors sind die fehlenden Gänge bei alltäglichen Fahrten kein Problem. Außerdem ist die Übersetzung ohne Unterstützung angenehm leicht, was am Berg hilft, auf der Ebene aber störend ist, wenn man eine höhere Geschwindigkeit anstrebt. Ein vielseitiges Tourenbike ist das Carbon One daher nicht – will es aber auch gar nicht sein. Hinzu kommt, dass Riemenantriebe als sehr verschleiß- und wartungsarm gelten. Urtopia gibt an, dass der Riemen erst nach 30.000 km getauscht werden muss.
Der Nabenmotor des Urtopia Carbon One bietet die gesetzlich vorgeschriebene Leistung von 250 Watt und unterstützt nur bis zur zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Das maximale Drehmoment fällt mit 35 Newtonmeter eher gering aus, ist aber im Alltag bei Fahrten in der Stadt ausreichend. Nur bei anspruchsvollen Anstiegen ist teilweise auch die eigene Muskelkraft gefragt. Wie üblich, lässt sich die Unterstützung beim Pedalieren in verschiedenen Stufen einstellen:
- Pedal (keine Unterstützung)
- Eco
- Komfort
- Sport
- Turbo
Der Unterschied zwischen den verschiedenen Stufen ist spürbar und zugleich fein abgestuft. Auch die Unterstützung des Motors an sich fühlt sich dank des Drehmomentsensors im Tretlager sehr homogen an. Die notwendige Energie speichert ein 360 Wh Lithium-Ionen-Akku, der sich aus dem Unterrohr entnehmen lässt. Dafür muss mit dem mitgelieferten Schlüssel das Schloss am Rahmen geöffnet werden. Geladen wird der Akku wahlweise am Fahrrad selbst oder im ausgebauten Zustand. Ein voller Ladevorgang ist in angenehm kurzen 2,5 Stunden abgeschlossen.
Für die Verzögerung ist eine hydraulische Scheibenbremse verbaut, die deutlich mehr Bremskraft bietet, als mechanische Scheibenbremsen. Negativ fällt aber die schlechte Verlegung der Bremsleitungen auf. Diese fallen sehr kurz aus und liegen daher am Steuerrohr an. Dadurch reibt die Leitung am Rahmen und hinterließ in unserem Fall bereits erste feine Kratzer. Es lohnt sich daher an dieser Stelle Rahmenschutzfolie anzubringen. Komplettiert wird das Gesamtpaket noch durch ergonomische Gummigriffe und dem dick gepolsterten Sattel. In beiden Fällen konnte ich mich nicht mit den Kontaktpunkten anfreunden. Das ist aber rein subjektiv und unterscheidet sich von Person zu Person.
Lieferumfang und Aufbau
Der Aufbau des Urtopia Carbon One gestaltet sich als unkompliziert. Eine visuelle Anleitung erhält man in diesem Video. Nach der Lieferung müssen nur der Lenker, das Vorderrad und die Sattelstütze montiert werden. Im Falle der Sattelstütze muss erst das herausstehende Kabel für die Rückleuchte mit dem Anschluss im Rahmen verbunden und dann die Stütze klassisch geklemmt werden. Optisch gefällt an dieser Stelle die interne Klemmung, die zum cleanen Look des Fahrrads beiträgt. Nach dem Aufbau sollte gegebenenfalls noch überprüft werden, ob die Bremsscheiben frei drehen und nicht an den Bremsbelägen schleifen. Außerdem kann es nie schaden, alle Schraubverbindungen am neuen Fahrrad zu überprüfen.
Geliefert wird das E-Bike mit sämtlichem Zubehör, das für die Nutzung relevant sein könnte:
- Pedale
- Inbus- & Maulschlüssel
- 2x Batterie-Schlüssel
- Ladegerät
- Luftpumpe
- Rahmentasche
- weitere kleine Ersatzteile wie diverse Schrauben
Smartbar und App des Urtopia Carbon One
Die Smartbar ist neben der App die primäre Schalt- und Waltzentrale des Urtopia Carbon One. Sie besteht aus einem Steuerkreuz auf der linken Seite, einem großen Dot-Display in der Mitte und einem Knopf mit integriertem Fingerabdrucksensor auf der rechten Seite. Eingeschaltet wird das Fahrrad über Letzteren. Habt ihr über die App euren Fingerabdruck hinterlegt, erfolgt dies natürlich nur, wenn die biometrische Identifikation erfolgreich verläuft. In der Praxis waren dafür teils mehrere Anläufe notwendig. Meist erkannte der Sensor nur beim zweiten oder dritten Mal den Finger. Ist das E-Bike nicht entsperrt, lässt sich das Fahrrad aber trotzdem ohne die Unterstützung des Motors verwenden. Somit ist also die Nutzung eines Fahrradschlosses zum Schutz vor Diebstählen weiterhin notwendig. Auf dem zentralen Display erhält man schlussendlich während der Fahrt und der Bedienung alle elementaren Informationen, wie aktuelle Geschwindigkeit oder die ausgewählte Unterstützungsstufe. Zusätzlich gibt das Carbon One auch akustisches und haptisches Feedback. Dafür sind ein Lautsprecher und ein Vibrationsmotor verbaut.
Über das Steuerkreuz lassen sich die wichtigsten Funktionen des Fahrrads bequem nutzen. Mit einem einfachen Klick auf den oberen oder unteren Pfeil wechselt man zwischen den verschiedenen Unterstützungsstufen. Durch eine lange Betätigung des oberen Pfeils gelangt man dabei in den Turbo-Modus. Mit dem linken und rechten Pfeil lässt sich durch einfaches Klicken der Blinker setzen. Durch langes Betätigen wird auf der linken Seite das Licht aktiviert oder deaktiviert. Außerdem ist auch ein Schiebe-Modus verfügbar, der durch ein langes Drücken des rechten Pfeils aktiviert wird und stoppt, sobald man den Finger von der Taste nimmt. Zum Ausschalten des Fahrrads muss der untere Pfeil lange gedrückt werden. Die rechte Taste mit eingebautem Fingerabdrucksensor bietet neben der Entsperrung ebenso noch weitere Funktionen. Durch einfaches Klicken wird die Klingel betätigt. Leider fiel uns dabei negativ die Verzögerung auf, die im hektischen Straßenverkehr umso mehr vorausschauendes Fahren voraussetzt. Mit einem langen Klick auf die Taste wird der Sprachassistent des Carbon One aktiviert.
Die Urtopia App bietet neben den fahrradeigenen Funktionen noch weitere Optionen. Verfügbar ist die kostenlose Anwendung sowohl im Google Play Store als auch im App Store für Apple Endgeräte. Die Benutzeroberfläche untergliedert sich in mehrere Bereiche. Auf der Startseite erhält man dank diverser Kacheln eine Übersicht über das aktuelle Wetter, die letzten Aktivitäten auf dem Fahrrad und hilfreiche Informationen wie die Bedienungsanleitung. Weiterhin deckt die App rudimentär auch die Funktionen eines sozialen Netzwerks ab. In diesem Bereich lassen sich Aktivitäten teilen und Posts anderer Nutzer liken. Weitere Optionen gibt es aber nicht, weshalb die Funktion derzeit keinen wirklichen Mehrwert bietet. Ein weiterer Reiter in der App führt zum Routenplaner, der sich in Verbindung mit dem E-Bike nutzen lässt. Dafür gibt in der App die Zieladresse ein und startet dann die Navigation. Sollte das Smartphone mit dem Fahrrad verbunden sein, werden dann auch Anweisungen auf dem Bildschirm der Smartbar dargestellt. Zusätzlich lässt sich in der App an dieser Stelle auch das Fahrrad orten.
Abschließend lässt sich über die Anwendung auch auf das Fahrrad zugreifen und unter anderem dessen Einstellungen modifizieren. Hierbei stehen verschiedene Optionen zur Auswahl, welche dank der fest verbauten eSIM teilweise auch ohne bestehende Bluetooth-Verbindung nutzbar sind:
- Akustisches Signal auf dem Fahrrad abspielen (auch aus der Ferne möglich)
- Fahrrad sperren (nur via Bluetooth)
- Licht an- oder ausschalten (nur via Bluetooth)
- Alarm-Modus aktivieren (nur via Bluetooth)
Im Alarm-Modus erzeugt das Fahrrad ein akustisches Signal, sollte es eine unautorisierte Bewegung feststellen. Ohne aktivierten Alarm-Modus werden Bewegungen im ausgeschalteten Zustand aber ebenfalls erkannt und per Push-Benachrichtigung ans Smartphone geschickt.
Zusätzlich lassen sich diverse Einstellungen in der App vornehmen. So kann die Lautstärke der Klingel und des akustischen Feedbacks verändert oder auch die Vibration in ihrer Intensität auf den eigenen Geschmack angepasst werden. Außerdem lässt sich auch der Sound der Klingel auswählen. Neben klassischen Optionen kann hierbei auch das Bellen eines Hundes oder das Wiehern eines Pferdes ausgewählt werden. Im Straßenverkehr erzeugt das aber eher Verwirrung, weshalb eine klassische Klingel empfehlenswerter ist. Abschließend lässt sich der Lautsprecher des Carbon One in der App auch als Bluetooth-Lautsprecher aktivieren. Die Klangerzeugung ist aber sehr bassarm und kann wohlwollend als funktional bezeichnet werden. Schlussendlich ist aber beeindruckend, wie Urtopia die Hardware des E-Bikes nutzt, um auch ungewöhnlichere Funktionen bereitzustellen. Dabei reicht der Hersteller mit Updates stetig neue Features nach und zeigt sich bemüht, die Nutzererfahrung weiterzuentwickeln zu wollen.
Weitere Features des Carbon One E-Bike
Auch die Beleuchtung des Urtopia Carbon One entspricht nicht der eines klassischen Fahrrads. Zum einen aktiviert das Fahrrad die Beleuchtung automatisch bei entsprechender Umgebungsbeleuchtung. Zum anderen bietet das Rücklicht diverse weitere Funktionen. So lässt sich etwa ein Bremslicht aktivieren, sodass bei der Verzögerung die Rückleuchte blinkt. Zusätzlich bietet die Rückleuchte auch eine Art Umfeldbeleuchtung, die bei Dunkelheit auf den Boden in Form von zwei Pfeilen projiziert wird. Dieselben Leuchtelemente dienen auch als Blinker. Aufgrund der geringen Leuchtkraft ist diese Funktion aber selbst bei gut ausgeleuchteten Straßen in der Nacht nur schwer zu erkennen. Daher ist es empfehlenswert, auch weiterhin die üblichen Handzeichen zum Mitteilen des Richtungswechsels zu verwenden. Hilfreich ist hingegen das sogenannte Advanced Rear Early-indication System (kurz ARES). Dieses wird beim Betätigen des Blinkers automatisch aktiviert und weist den Fahrer akustisch auf Verkehrsteilnehmer hin, die sich hinter einem befinden. Ein ähnliches Konzept kennt man auch von den Garmin Varia Rückleuchten. Im Test funktionierte das System gut und erkannte andere Radfahrer und Autos zuverlässig.
Was darf bei einem Tech-Gadget im Jahre 2022 natürlich auch nicht fehlen? Richtig, Sprachsteuerung. Im Falle des Urtopia Carbon One wird diese durch eine lange Betätigung des Knopfs auf der rechten Seite des Lenkers gestartet. Aktuell ist die Spracherkennung nur auf Englisch verfügbar, funktioniert aber recht zuverlässig. So lässt sich unter anderem das Licht deaktivieren und aktivieren oder das Fahrrad ausschalten. Das sorgt natürlich am Fahrradparkplatz vor dem Supermarkt für staunende Blicke, wenn man mit seinem Zweirad spricht. Generell ist das Urtopia Carbon One nicht gerade für Menschen geeignet, die das Understatement bevorzugen. Alles wird akustisch untermalt und ständig ertönt aus den verschiedensten Gründen ein Klang. Wer das nicht mag, kann aber natürlich auch das akustische Feedback in der App deaktivieren.
Fahreindruck und Laufleistung
Aufgrund des vergleichsweise geringen Gewichts und des steifen Rahmens fährt sich das Urtopia Carbon One ausgesprochen leichtfüßig und spaßig. Die sportliche Sitzposition trägt zusätzlich zum sportiven Charakter bei. Auch die Reifen konnten bei herbstlichem Wetter mit ausreichend Grip überzeugen. Ein Komfortwunder ist das Carbon One aber natürlich nicht. Aufgrund der fehlenden Federung und den eher dünnen Reifen spürt man Hindernisse wie Bordsteinkanten deutlich. Auch die federnde Rahmenkonstruktion ändert daran nur bedingt etwas. Die Unterstützung durch den E-Motor ist ebenfalls positiv hervorzuheben. Im Turbo-Modus erreicht man beim Start in Kürze die Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h. Im Stadtverkehr empfiehlt es sich, ansonsten aber eher auf Stufe 2 und 3 zurückzugreifen, da der Motor in der höchsten Stufe bereits bei einem leichten Pedalschlag stark anschiebt. Die hydraulische Scheibenbremse funktioniert auch bei Nässe einwandfrei. Die Präzision und Modulation von höherwertigen Modellen bietet sie aber nicht.
Auch die genannten Features, die über den Umfang eines klassischen E-Bikes hinausgehen, konnten während des Testzeitraums überzeugen. Die Software funktionierte stets zuverlässig und ohne Probleme. Zusätzlich hat das Fahrrad im Laufe des Testzeitraums ein Update erhalten, mit dem der Hersteller unter anderem die Funktion als Bluetooth-Lautsprecher nachgereicht hat. Anfangs ist gegebenenfalls eine kurze Eingewöhnungszeit notwendig und auch das Einlesen in die verschiedenen Bedienelemente und Funktionen kann nicht schaden. Das übersichtliche und große Display ist aber auch für weniger technikaffine Personen geeignet. Selbstverständlich gibt es auch Features, die eher in die Kategorie “Spielereien“ fallen. Es bleibt aber trotzdem beeindruckend, wie Urtopia zeigt, was die Neuinterpretation des Fahrrads im Jahre 2022 sein könnte. Immerhin werden sämtliche Fortbewegungsmittel immer „smarter“, warum dann nicht auch das Fahrrad?
Dabei setzt Urtopia auf eine technische Plattform, die nicht zwingend mit ihren Eckdaten beeindruckt, sondern als Zusammenspiel aus Hard- und Software betrachtet werden muss. Das zeigt sich auch an der Akkulaufleistung des Fahrrads, die je nach Nutzungsszenario und genutzten Unterstützungs-Modi bei um die 60 bis 100 km liegt. Damit ist das Carbon One kein Dauerläufer. Zusätzlich kommt hinzu, dass der Akku auch bei ausgeschaltetem Zustand aufgrund der Anti-Diebstahl-Funktion und der Positionierung ständig belastet wird. Ist das Fahrrad also an einem sicheren Ort untergebracht, lohnt es sich, den Akku herauszunehmen.
Service und Ersatzteile
Service ist bei Fahrräder natürlich ein großes Thema, das durch den zunehmenden Direktvertrieb übers Internet zunehmend komplexer wird. Das Urtopia Carbon One bietet immerhin mit dem Gates Riemenantrieb einen pflegeleichten Antrieb. Sollte ein Nachspannen des Riemens nötig sein, lässt sich dies auch unkompliziert und schnell selbst machen. Die Entlüftung der hydraulischen Scheibenbremse ist hingegen eine Tätigkeit, die nicht jeder selbst gerne machen möchte. Da es sich dabei um eine standardmäßige Wartungsarbeit handelt, sollte diese jeder Fachhändler ausführen können. Komplizierter wird es bei Themen rund um die Smartbar oder weitere elektronische Bauteile. Urtopia bietet für diese Fälle einen umfangreichen Service-Bereich auf der eigenen Webseite und ist laut eigener Aussage bestrebt, in der Zukunft ein Netzwerk aus autorisierten Dienstleistern aufzubauen.
Testergebnis
Das Urtopia Carbon One ist ein sportliches angehauchtes City-E-Bike, das sich für die tägliche Fortbewegung im Stadtverkehr bestens eignet. Für Personen, die sich für technische Gadgets begeistern können, bietet das E-Bike eine unzählige Auswahl an praktischen und teils auch witzigen Features. Die technische Grundlage gerät dabei in den Hintergrund, wenngleich Urtopia auch hier auf eine sinnvolle Auswahl geachtet hat. Im direkten Vergleich bietet das Fahrrad zwar nicht den stärksten Motor oder die längste Akkulaufzeit, betrachtet man Carbon One aber mehr aus der Perspektive der Nutzererfahrung, dann bleiben wenige Konkurrenzmodelle mit einem vergleichbaren Funktionsumfang übrig. Darunter zählen ganz klar die Fahrräder von VanMoof und Cowboy, die sich auch in einem ähnlichen Preisrahmen bewegen. Dafür bieten die Modelle der Konkurrenten meistens auch eine vollständige StVZO-Ausstattung sowie Schutzbleche und einen Seitenständer. Das Carbon One ist dafür mir einem auffälligen Carbon-Rahmen ausgestattet und infolgedessen auch erheblich leichter als die Konkurrenzmodelle. Hier gilt es also, die eigenen Präferenzen abzugrenzen. Selbstverständlich lassen sich die genannten Ausstattungsfeatures der Konkurrenten beim Carbon One auch nachrüsten.
Schlussendlich hinterlässt das Urtopia Carbon One einen guten Gesamteindruck. Erhältlich ist das Urtopia Carbon One zu einer UVP von 3.299 €. Derzeit ist das Fahrrad aber vergünstigt zu einem Preis von 2.699 € erhältlich, wodurch sich die Einschätzung im Vergleich zu der Konkurrenz leicht zugunsten des Urtopia E-Bikes verschiebt, da das E-Bike zum Angebotspreis ein gutes Preis-Leistung-Verhältnis bietet.
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