Solarkabel im Vergleich – Welcher Querschnitt für wie viel Leistung?
Jeder, der eine Solaranlage oder ein Balkonkraftwerk sein Eigen nennt, nutzt sie. Die Rede ist von Solarkabeln in den verschiedensten Ausführungen. Meist sind diese mit MC4 Standardsteckern ausgerüstet und ermöglichen, die Solarpaneele mit dem Wechselrichter oder dem Speichersystem zu verbinden. Die wenigsten machen sich allerdings Gedanken über die entsprechende Dimensionierung der Solarkabel, die für einen sicheren und effektiven Betrieb notwendig ist. Für verschiedene Leistungsklassen bieten die Hersteller Querschnitte von 4mm² bis 10mm² an.
Vor allem bei sehr langen Leitungslängen von über 10 Metern in Verbindung mit hohen Leistungen bringt der größere Kabelquerschnitt Vorteile in Bezug auf die Leistung der Solaranlage und das Temperaturverhalten der Verbindungskabel. Wir haben für euch untersucht, wie hoch diese Unterschiede in der Theorie und Praxis ausfallen und geben euch ein paar Richtwerte für das richtige Kabel passend zur Solaranlage.
Spannungsfall und Verlustleistung der Solarkabel
Ich habe versucht, den Artikel vom technischen Verständnis möglichst einfach zu halten, sodass auch Leser, die nicht so tief in die Materie der Elektrotechnik involviert sind, diesen problemlos verstehen. Sollten mir dabei Fehler unterlaufen sein oder die Erläuterungen unverständlich sein, so könnt ihr gerne einen Kommentar hinterlassen.
Um zu verstehen, welchen Einfluss der Kabelquerschnitt auf die Leistung der Solaranlage hat, müssen wir einen kleinen Exkurs in die Elektrotechnik vornehmen. Wie die meisten von euch wissen, setzt sich die elektrische Leistung (Watt) aus Spannung (Volt) und Strom (Ampere) zusammen. Diese beiden Größen bestimmen die Leistung des jeweiligen Gerätes. Bei einer Spannung von 230 Volt und 1 Ampere nimmt das Gerät dementsprechend 230Watt auf. Jeder elektrische Leiter (euer Solarkabel) hat einen definierten Widerstand, der sich dem Stromfluss entgegenstellt. Ihr könnt euch das Prinzip wie einen Wasserschlauch vorstellen. Der Strom stellt dabei das Wasser dar, welches den Schlauch passieren möchte, und die Spannung ist der Wasserdruck, der bestimmt, wie schnell das Wasser durchfließt. Die Wandung des Schlauches ist der Widerstand, der das Wasser abbremst. Die meisten Gartenbesitzer werden wissen, dass die Wassermenge bei längerem Schlauch stark abnimmt, da die Schlauchwandung das Wasser abbremst. Hier schafft ein dickerer Gartenschlauch (1/2) Abhilfe.
Ein ähnliches Prinzip gilt bei Stromkabeln. Der Widerstand (Ohm) wird zum einen durch das verwendete Material bestimmt (in der Regel Kupfer). Weiterhin hängt der Widerstand vom Materialquerschnitt ab (also von der Dicke des Innenleiters). Je länger das Stromkabel ist, desto höher wird der elektrische Widerstand. Das bedeutet, dass bei eurem angeschlossenen Gerät (Wechselrichter) nicht mehr die volle Leistung ankommt, da ein Teil der Leistung am Kabel selbst verbraucht wird. Diese Verlustleistung heizt zudem das Stromkabel auf und wird umso höher, je mehr Strom (Ampere) transportiert werden muss. Daher spricht man auch von der Strombelastbarkeit eines elektrischen Leiters. Hier kommt das grundlegende Problem bei Standard-Solarpaneelen zum Tragen. Diese liefern eine relativ geringe Spannung, aber einen sehr hohen Strom. Während in eurem Haushalt für Steckdosenstromkreise nur ein Querschnitt von 1,5-2,5mm² notwendig ist, werden im Solarbereich bei langen Leitungslängen größere Querschnitte aufgrund der hohen Ströme benötigt. Hier ein Rechenbeispiel:
- Wasserkocher im Haushalt 230V x 8,7A = 2000W
- Solarmodul 30V x 15A = 450W
Wie man sehen kann, ist der Strom bei den Solarmodulen mit 1⁄4 Leistung fast doppelt so hoch. Deswegen werden bei großen Solaranlagen die Solarmodule in Reihe geschaltet. Dies hat den Vorteil, dass sich die Spannungen der einzelnen Solarmodule addieren, aber der Strom gleich bleibt. Drei Solarmodule mit 30V/15A würden in Reihenschaltung eine Spannung/Strom von 90V/15A abgeben. Im Bereich der Balkonkraftwerke ist eine solche Reihenschaltung meist nicht möglich, da die meisten Mikrowechselrichter keine hohen Spannungen vertragen.
Wie hoch dieser Verlust am Kabel (Spannungsabfall) ausfällt, könnt ihr mithilfe der Formel R = l / (γ * A) berechnen. Noch einfach geht es mithilfe eines Onlinerechners (zum Rechner). Somit könnt ihr vorab schon einmal überprüfen, wie hoch die Verluste für euer verwendetes Kabel mit eurem gewählten Querschnitt und der Leitungslänge ausfallen. Der Spannungsabfall sollte im Betrieb 5% nicht überschreiten, um die Betriebssicherheit sicherzustellen.
Kurze Zusammenfassung
Der elektrische Widerstand hängt von der Leitungslänge und der Leitungsdicke (Querschnitt) ab. Um möglichst wenig Verlust am Kabel zu verursachen, muss der Leitungsquerschnitt mit steigender Leitungslänge und steigendem Stromfluss immer größer werden.
Theorie und Praxis – Leistungsverlust mit 4mm² und 6mm²
Um zu überprüfen, wie hoch die tatsächlichen Verluste ausfallen, haben wir verschiedene Solarkabel mit Leitungslängen von 10 bis 20 Metern Länge an 400W und 800W getestet. Die 400W/800W sind nicht willkürlich gewählt. Normale Wechselrichter für Balkonkraftwerke haben in der Regel eine Eingangsleistung von 400W pro Eingang und eine Gesamtleistung für beide Eingänge von 800W. Für die praktische Messung verwenden wir zwei Schaltnetzteile mit einer Gesamtleistung von 60V/42A und einen Hoymiles HMS-800-2T (zum Test).
Vorab möchten wir uns bei Enernova für die Bereitstellung der Solarkabel bedanken. Die Solarkabel mit passenden MC4 Steckern entsprechen hohen Qualitätsstandards und können bedenkenlos empfohlen werden. Selbst Temperaturen von über 100°C wurden im Test problemlos absolviert.
20 Meter Solarkabel 4mm² und 20 Meter 6mm² im Vergleich
Wir starten mit der Berechnung der Verlustleistung. Hier die ermittelten theoretischen Werte laut Internetrechner (zum Rechner):
- 20 Meter 4mm 800W = 14,22% Verlust = 113W Verlust/27,19V
- 20 Meter 6mm 800W = 9,49% Verlust = 76W Verlust/28,7V
- 20 Meter 4mm 400W = 7,11% Verlust = 28W/29,45V
- 20 Meter 6mm 400W = 4,74% Verlust = 18W/30,2V
Wie man bereits an der theoretischen Berechnung sehen kann, erfüllt selbst das 6mm² Kabel bei 400W Leistung gerade so die Anforderungen von unter 5% Spannungsabfall. Doch wie sehen die Werte in der Praxis aus? Gängige Solarmodule für Balkonkraftwerke arbeiten mit einer Spannung von 30-40V. Daher haben wir für unsere Vergleichsmessung eine Spannung von 31,7V gewählt. Bei dieser Spannung liefert der Hoymiles Wechselrichter bei maximaler Stromaufnahme von 14A eine maximale Leistung von 405W pro Eingang. Wir haben die Leistung sowohl mittels Strommessgerät als auch direkt in der Hoymiles S-Miles Installer App überprüft.
Im Realbetrieb fallen die Werte noch deutlich schlechter aus. An 800W/4mm² und 800W/6mm² fallen die Verluste mit 150W/118W extrem hoch aus. Bei halbiertem Stromfluss an 400W sind es ziemlich genau die berechneten Werte. Doch warum sind die Werte in der Praxis nochmals schlechter? Aufgrund der MC-4 Steckverbindungen und dem verwendeten Y-Adapter am Hoymiles Wechselrichter wird der elektrische Widerstand zusätzlich erhöht. Hier wird deutlich, wie wichtig eine passende Dimensionierung mit möglichst wenigen Steckverbindungen ist.
Die Wärmebildaufnahmen sind nach 40 Minuten Betrieb bei 800W entstanden. Das 4mm² Kabel hat hier bereits eine Temperatur von 95-100°C während das 6mm² Kabel 70-75°C erreicht. Im Realbetrieb ist das Kabel natürlich nicht aufgerollt und erwärmt sich entsprechend weniger stark. Wir wollen hier nur aufzeigen, wo die Verlustleistung umgesetzt wird. Bei unzureichender Dimensionierung verwandelt sich das Solarkabel entsprechend in eine Elektroheizung, was bei Umgebungstemperaturen von 50-60°C auf dem Dach zu Problemen führen kann.
10 Meter Solarkabel 4mm² und 20 Meter 6mm² im Vergleich
Bei halbierter Leitungslänge sollte der Spannungsabfall sowohl in der Theorie als auch in der Praxis halbiert werden. Hier vorab die berechneten Werte:
- 10 Meter 4mm 800W = 7,11% Verlust = 57W Verlust/29,45V
- 10 Meter 6mm 800W = 4,74% Verlust = 38W Verlust/30,2V
- 10 Meter 4mm 400W = 3,55% Verlust = 14W/30,57V
- 10 Meter 6mm 400W = 2,37% Verlust = 9W/30,95V
Mit Halbierung der Leitungslänge liegt das 6mm² Kabel nur minimal unter den zulässigen 5% und könnte in der Praxis vermutlich ohne Probleme für eine Leistung von 800W verwendet werden.
Wie man an den real getesteten Werten sehen kann, ist die tatsächliche Verlustleistung bei den Messungen mit niedriger Leistung sogar unterhalb der berechneten Werte. Das liegt hauptsächlich daran, dass der Wechselrichter die Ausgangsleistung nicht unbedingt zuverlässig auf 400W begrenzt. Wird nur ein Eingang belastet, liegt die maximale Leistung zwischen 400 und 420W. Somit wird beispielsweise bei 400W 6mm² eine Leistung von 407W erreicht.
Testergebnis
Wie man anhand unserer Messungen sehen kann, entsprechen die realen Werte annähernd den theoretischen Werten, die mithilfe des Onlinerechners ermittelt wurden. Weiterhin schafft jede zusätzliche Steckverbindung einen Widerstand, der die Leistungsfähigkeit herabsetzt. Die richtige Dimensionierung der Solarkabel spielt eine entscheidende Rolle für die Leistungsfähigkeit der Gesamtanlage. Gerade bei großen Leitungslängen können die Verluste bei falscher Dimensionierung extrem hoch ausfallen und unter Umständen auch die Betriebssicherheit gefährden. Wir hoffen, dass wir euch mit diesem kleinen Artikel ein paar Grundlagen näher bringen könnten, die es euch ermöglichen, das Maximale aus eurem Balkonkraftwerk herauszuholen.
Solltet ihr noch Fragen oder Anregungen haben, so schreibt es gerne in die Kommentare.
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Die Beispiele sind ziemlich verwirrend und nicht praxisnah! Es werden bei Wechselrichtern so gut wie nie Panels parallelgeschaltet. Also ist die Sache mit Y-Kabeln sehr praxisfern. Ebenso die Leistung von 800W. Worauf bezieht sich das? Ein einzelnes Panel (es gibt keine mit 800W) oder 2 parallel mit je 400W (praxisfern)? Übliche Wechselrichter für Balkonkraftwerke haben pro Panel einen eigenen MPPT-Tracker (WR für 1 und 2 Panel). Bei denen für 4 Panels sind je 2 in Serie geschaltet, was den Strom nicht erhöht. Bei WR für größere Anlagen im Bereich ≤20kW sind mindestens 2 MPPT vorhanden, also 2 Strings mit entsprechenden… Weiterlesen »
Hallo Tip, danke für dein Feedback Wie du sicher gelesen hast, haben wir die Tests sowohl an 400W als auch an 800W durchgeführt. Wenn dir die 800W zu praxisfern sind, dann schau dir doch die 400W-Werte an. Man sollte hier allerdings beachten, dass mit dem neuen Solarpaket 1 und einer Modulleistung von bis zu 2000W sehr wohl mehr als ein Solarmodul pro MPPT betrieben werden kann und in der Praxis betrieben wird. Wer die Modulleistung ausnutzen möchte, betreibt zwei Solarmodule parallel an einem MPPT eines 800W-Wechselrichters. Zudem gibt es auch Wechselrichter (Growatt Neo 800 oder AP Systems EZ1-M), die so… Weiterlesen »
“Deswegen werden bei großen Solaranlagen die Solarmodule in Reihe geschaltet. Dies hat den Vorteil, dass sich die Spannung verdoppelt, aber der Strom gleich bleibt.”
Das gilt nur bei zwei Modulen. Besser wäre es zu schreiben, dass sich die Einzelspannungen addieren, dann gilt das bei jeder Modulanzahl
Danke für den Hinweis. Du hast absolut Recht
Ich passe den Artikel heute Abend entsprechend an.
Zeigt eigentlich deutlich: 10qmm Minimum und nix darunter! nicht 4, nicht 6 und auch nicht 8
Ja bitte, die im Artikel genannten Querschnitte haben nicht’s mit Sicherheit zu tun.
Danke für den Beitrag.
Hier noch ein Hinweis zum Versuchsaufbau:
Bei dem Versuchsaufbau sind die Kabel weiterhin aufgerollt, was wie eine Spule wirkt und sich die Kabel noch zusätzlich aufheizen und somit mehr Widerstand bieten. Um Praxisnäher zu sein müssten die Kabel abgewickelt sein.
Hallo Christoph
Das ist absolut korrekt. Der Test soll lediglich verdeutlichen wo die Verlustleistung abfällt. Abgerollt würden sich die Kabel wesentlich weniger stark erwärmen. Da hier aber eine Raumtemperatur von 18 C in Bodennähe vorliegt, wäre abgerollt auch nicht praxisnah. Ich habe aber auch Versuche mit abgerolltem Kabel durchgeführt. Ich poste heute Abend gerne noch ein Bild davon hier in den Kommentaren.
Naja, Spulen reagieren besonders gut auf Wechselstrom. In der PV und auch hier im Messaufbau wird aber Gleichstrom eingesetzt. Da kann man dann in einem Elfenbeinturm allenfalls über die Glättung des Gleichstroms diskutieren. Weitaus relevanter dürfte sein, dass der aufgerollte Zustand der Kabel die Möglichkeit, die Wärme an die Umgebung abzugeben, einschränkt. Es gibt da Schlaufen, die von anderen wärmenden Kabeln berührt werden. Dadurch steigt die Kabeltemperatur (zumindest theoretisch) auf höhere Werte, als bei einem ausgerollten Kabel. Im übrigen werden die Kabel im Herbst und Frühjahr auf Grund der niedrigeren Außentemperaturen besser gekühlt, als im Hochsommer. Ehrlich – im Hochsommer… Weiterlesen »
Du bringst es exakt auf den Punkt. Das Aufrollen der Kabel führt zur gegenseitigen Erwärmung der Leitungen. Es verhält sich so wie eine Leitungsreihung im Kabelkanal, bei dem alle Kabel voll belastet werden. Wie du aber bereits erwähnt hast, dient die Temperaturmessung lediglich dazu, um zu verstehen, wo die Verlustleistung entsteht und welche Probleme damit einhergehen. Natürlich spielt es auch eine Rolle, Fotos zu generieren, die dem Artikel Beachtung verleihen. 🙂
Im Endeffekt soll der Artikel nur zum Nachdenken anregen, ob diese Probleme bei der eigenen Anlage evtl. eine Rolle spielen könnten.
Gruß
Michael
Hier noch das versprochene Bild. 4mm² Kabel nach 30 Minuten wird rund 40°C warm auf 20°C warmen Fußboden. Im Sommer bei 50°C auf dem Dach wären wir bei mindestens 70°C für das Kabel. Vermutlich eher etwas mehr. Man erkennt aber sehr gut, dass die abgerollt-Bilder auch nicht aussagekräftig sind, da die Bodentemperatur zu niedrig für eine sinnvolle Messung ist.
Spannungsfall nicht Spannungsabfall;)
Danke für den Hinweis, aber sowohl Spannungsfall als auch Spannungsabfall ist richtig. Spannungsfall ist für den Laien allerdings unverständlicher.
Gruß
Micha
Ein Eimer Spannungsabfall 😁