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Heute geht es um eine echte Innovation im Bereich der Actionkameras. Der Underdog SJCAM bringt mit der SJCAM SJ20 laut eigener Aussage die erste Actionkamera mit einer Doppellinse auf den Markt, die hochauflösende Bilder bei Tag und das Gleiche noch einmal bei Nacht liefern soll. Für die Nachtaufnahmen wird eine für Actionkameras ungewöhnlich große Blende von f/1.3 verwendet. Die Hauptkamera hingegen ist mit einer Blende von f/2.0 ausgestattet, die ebenfalls etwas lichtempfindlicher ist als beispielsweise bei der GoPro Hero 12. Doch nicht nur beim Kamera-Setup will SJCAM mit der SJ20 neue Wege gehen. Ein weiterer Fokus liegt auf einer langen Akkulaufzeit. Dafür gibt es bereits im normalen Lieferumfang einen andockbaren Zusatzakku und wer noch längere Laufzeiten benötigt, bekommt für einen kleinen Aufpreis noch einen Handheld mit integriertem Akku.
SJCAM verfolgt hier wie gewohnt eine sehr günstige Preispolitik, musste aber in der Vergangenheit auch einige Abstriche bei der Qualität machen. Ob die SJCAM SJ20 diesmal den Durchbruch gegen den fast unangefochtenen Platzhirsch aus dem Hause GoPro schafft und wie sich die Actionkamera generell schlägt, erfahrt ihr hier im Test.
Lieferumfang und Design
Für den Test haben wir uns für die Version mit Handheld entschieden. Hier erhalten wir die SJCAM SJ20 mit einem umfangreichen Lieferumfang. Neben der SJ20 Kamera und dem 190 Gramm leichten Handheld finden wir noch diverse Adapter zur Befestigung der Kamera, ein wasserdichtes Gehäuse für Wassertiefen über 5m, ein USB-C Kabel und mehrere Halterungen für verschiedene Einsatzzwecke.
Die Kamera selbst ist tadellos verarbeitet und hat ein ansprechendes Design. Das Doppellinsen-Design ist für Actionkameras auf den ersten Blick vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, hat aber am Ende für einen Red Dot Design Award gereicht. Wer kann dem noch etwas entgegenstellen? Die SJ20 hat sowohl auf der Vorder– als auch auf der Rückseite ein gutes und helles Display. Das Display auf der Vorderseite ist 1,3 Zoll groß, das Touchdisplay auf der Rückseite 2,29 Zoll. Die Kamera misst ohne zusätzlichen Akku 70,5 x 38 x 30 mm und wiegt 170 g. Mit zusätzlichem Akku wächst es auf 70,5 x 54 x 30 mm und wiegt 142,8 g. Das ist immer noch weniger als die GoPro Hero 12 mit zusätzlichem Akku, die 153g wiegt.
SJCAM packt uns hier noch diverse Kleinteile mit ins Paket, die teilweise wirklich hilfreich sein können. Dazu gehören unter anderem die Ersatzklebepads für die Halterungen, aber auch der Windschutz für das Mikrofon. Die Halterahmen für die Kamera sind ebenfalls in zwei Varianten erhältlich und lassen sich sehr einfach öffnen und sicher verriegeln. Von vorne gesehen befindet sich auf der linken Seite hinter einer nicht ganz einfach zu öffnenden Klappe, der USB-C-Anschluss und der Einschub für die Micro-SD-Karte. Etwas unpraktisch ist hier, dass sich die Klappe bei angedocktem Zusatzakku oder Handheld nicht öffnen lässt.
- im geschlossenen Zustand lässt die Klappe sich nicht öffnen
- und ist sie auf, lässt sie sich nicht mehr schließen
Dies könnte z.B. zu Problemen führen, wenn der Akku leer ist und man während des Filmens eine Powerbank anschließen möchte. Immerhin kann man für eine solche Situation die Schutzklappe vorher abnehmen, opfert dafür aber jeglichen IP-Schutz. Der 190g schwere Handheld ist eine gelungene Kombination aus Halterung, Fernbedienung und Powerbank. Auch die Verarbeitung gibt kaum Anlass zur Kritik. In dem massiven und von außen schön gummierten Haltegriff aus Aluminium finden wir auf der Unterseite ein ¼ Zoll Gewinde, mit dem wir das Ganze auch befestigen können. Gut gelöst ist auch die Batterieanzeige am Handheld, die aber leider permanent leuchtet, wenn man sie nicht wieder ausschaltet.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kamera und das Zubehör bezüglich Design und Verarbeitung einwandfrei sind. Durch den austauschbaren Zusatzakku erhält die Kamera auch eine IP68-Zertifizierung, allerdings muss dieser in diesem Fall auch zwingend verwendet werden. Ohne Akku ist die Kamera nur gegen Staub geschützt.
System und Kamerafunktionen
Das Betriebssystem der SJCAM SJ20 basiert auf dem bewährten, gut aussehenden, umfangreichen und einfach zu bedienenden System. Alle Einstellungen werden über das Haupt-Touchdisplay vorgenommen, können aber auch alternativ über die nicht ganz so gelungene App vorgenommen werden. Die Kamera verfügt über zwei optische Benutzeroberflächen, SJCAM und Classic, die je nach Geschmack ausgewählt werden können. Das Betriebssystem ist mehrsprachig und alle wichtigen Sprachen werden unterstützt, darunter auch Deutsch.
Es stehen eine Vielzahl von Aufnahmemöglichkeiten zur Verfügung. Es gibt die Hauptfunktionen wie Video– und Fotoaufnahme, aber auch Video– und Fotolapse, Burst-Modus und Zeitlupenvideos. Aber auch Sonderfunktionen wie Auto Dashcam oder Livestream Modus können wir hier auswählen. Wenn wir die Kamera mit einem Typ C Kabel an einen PC anschließen, können wir die Kamera auch als Webcam verwenden. Als Video- und Fotoauflösungen stehen uns folgende Optionen zur Verfügung:
Hauptkamera | Video | Foto | Nachtkamera | Video | Foto |
4K 30fps | 20MP, 16MP, 14MP, 12MP, 10MP, 8MP | 4K – 720P jeweils bis max 30fps | 20MP, 16MP, 14MP, 12MP, 10MP, 8MP | ||
2K 60/30fps | |||||
1080P 120/60/30fps | |||||
720 120/60/30fps |
Alle Auflösungseinstellungen sind optisch stabilisiert. Schade ist, dass es bei der SJ9 noch möglich war, 4k-Aufnahmen mit 60fps zu machen, allerdings ohne Stabilisierung. Bei der SJ20 wurde uns diese Möglichkeit genommen, was nicht unbedingt ein Fortschritt ist. Man kann manuell oder automatisch zwischen den beiden Objektiven wechseln. Allerdings ist es nicht möglich, die Linse während einer Videoaufnahme manuell zu wechseln.
Als hilfreiche Zusatzfunktion steht für alle Videoaufnahmen eine Bewegungserkennung zur Verfügung. Diese startet die Videoaufzeichnung erst, wenn ein sich bewegendes Objekt vor das Objektiv kommt. Gerade bei Selbstaufnahmen spart das enorm Akku und Speicherplatz. Im Videolapse Modus wird im Gegensatz zum Fotolapse Modus direkt ein Zeitraffervideo erstellt. Es stehen uns eine Vielzahl an Aufnahmezeiten zur Verfügung. Bei einer Abendaufnahme wird in der automatischen Linsenauswahl automatisch auf die Nachtkamera umgeschaltet, sobald sehr wenig Licht vorhanden ist. Ist der manuelle Modus aktiv, kann nicht umgeschaltet werden. Hier müsste für einen Wechsel die Aufnahme gestoppt, die Kamera manuell umgeschaltet und dann eine neue Aufnahme gestartet werden. Dieser Vorgang müsste auch bei allen anderen aktiven Aufzeichnungen durchgeführt werden.
- SJ20
- SJ9 Strike
Einen weiteren Wermutstropfen stellt die Übertragungsgeschwindigkeit des USB 2.0 Anschlusses dar. Hier haben wir bei der SJCAM SJ20 im besten Fall 20MB/s, was bei größeren Dateien schnell störend wird.
App
Zur Steuerung und erweiterten Anzeige steht uns die App SJCAM Zone auf Android und Apples iOS zur Verfügung. Eigentlich sagen die etwas mehr als 2 Sterne in beiden Stores schon alles. Das Resümee der Kommentare ist, dass die App wirklich eine Überarbeitung bräuchte, optisch und technisch. Die App wirkt einfach sehr lieblos und veraltet in der Bedienung. An sich funktioniert die Verbindung mit der Kamera aber problemlos und die App funktioniert in dem gegebenen Rahmen so, wie sie soll.
Als Verbindungsmöglichkeit steht uns diesmal nicht nur das 2,4GHz Netz zur Verfügung, sondern sogar ein 5GHz-Netz. Sobald man den WiFi-Modus an der Kamera aktiviert und den angezeigten QR-Code gescannt hat, steht die Verbindung zur App. Im Prinzip stehen uns hier alle Funktionen zur Verfügung, die auch auf der Kamera verfügbar sind, nur deutlich besser sortiert und auswählbar. Aber auch hier wurde, wie bei der Kamera, nur spärliche Übersetzungsarbeit geleistet, teilweise sogar noch mit chinesischen Schriftzeichen. Ja, es ist eine Low-Budget Kamera, aber hier wird wirklich am falschen Ende gespart, wenn man wirklich ernsthaft versucht, zu den Großen aufzuschließen.
Funktionen wie ein Firmwareupdate funktionieren einfach per se nicht, da VOR der Verbindung mit der Kamera die Firmwareversion in der App abgefragt wird –what??? Einfach ein hausgemachter Fehler in der Matrix. Das Thema Firmware an sich ist ärgerlich, da es zwar grundsätzlich möglich ist, die Firmware zu aktualisieren, diese aber nicht einmal auf der Hauptseite zur Verfügung steht. Man findet Firmware in inoffiziellen Foren oder Seiten für die verschiedensten Modelle von SJCAM, die dann umständlich über eine Datei auf der SD-Karte installiert werden. Es ist aber ein Unding, dass diese nicht offiziell zur Verfügung gestellt werden.
Video- und Fotoaufnahmen
Die Aufnahmequalität der SJCAM SJ20 ist gut bis mittelmäßig. Im Vergleich zu anderen Kameras in dieser Preisklasse ist sie jedoch deutlich besser. Aber es wird auch sehr schnell klar, dass man realistischerweise den Vergleich mit DJI oder GoPro beiseitelassen muss und sich mit gleichwertigen Marken vergleichen sollte. Und im Low-Budget Umfeld überragt die SJCAM SJ20 ganz klar die Konkurrenz. Allein die Vielzahl an Auflösungen und Zusatzfunktionen sind hier außergewöhnlich. Mit der Nachtsichtlinse geht SJCAM ganz neue Wege und auch das ist ein positiver Schritt.
- nähere Aufnahmen sind leider nicht möglich
- selbst bei einem größerem Abstand
Man kann mit der SJCAM SJ20 ordentliche Videos und Fotos machen, muss aber die Schwächen der Kamera kennen und möglichst vermeiden. Die Bildstabilisierung funktioniert gut, allerdings gibt es immer wieder leichte Ruckler im Bild, was offensichtlich an der noch nicht ausgereiften Software liegt. Die Farbwiedergabe des Hauptobjektivs ist neutral und natürlich. Die Fotos sind akzeptabel, aber selbst bei 20MP fehlt es an Details, Schärfe und Kontrast. Auch die Helligkeit ist geringer als sie sein sollte, aber dadurch neigt die Kamera weniger zur Überbelichtung, was die Nachbearbeitung erleichtert. Leider ist es nicht möglich, echte Nahaufnahmen zu machen, da der Fokus schon bei 10cm Entfernung unangenehm verschwimmt.
Die Videoaufnahmen sind etwas besser als die reinen Fotos und man kann auch näher an die Objekte mit dem Fokus ran. Die Schärfe ist in der normalen Einstellung gut, aber auch hier fehlt es den Bildern an Dynamik. Bei 8-fachen Zeitlupenvideos wirkt die Kamera überfordert. Zeitraffervideos sind bei Tag gut, bei Nacht aber unbrauchbar. Sobald die Nachtsichtkamera übernimmt, verrauscht die Bildqualität unangenehm und hat dann keinen so großen Anschauungswert mehr. Die Videos sind zwar erstaunlich hell, aber qualitativ nicht mehr hochwertig. Leuchtmittel überbelichten eigentlich immer und mit den maximal 30fps sind auch schnellere Bewegungen nicht mehr klar zu erkennen. Ob eine neuere Firmware hier Abhilfe schaffen kann, ist fraglich, aber zu hoffen.
Das eingebaute Mikrofon ist ebenfalls in Ordnung und deutlich besser als das der SJCAM SJ9. Es ist nicht hochauflösend, hat aber eine gute Empfindlichkeit und neigt nicht zum Übersteuern. Insgesamt ist der Klang deutlich gedämpft und klingt ein wenig dumpf. Mit den mitgelieferten Mikrofonpads lassen sich Windgeräusche deutlich reduzieren. Wer eine höhere Aufnahmequalität benötigt, kann auch ein externes Mikrofon über den USB-C-Anschluss verwenden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die SJCAM SJ20 hier vieles richtig machen will, es aber irgendwie nicht immer schafft, in ein Endergebnis zu packen, das einen begeistert. Letztendlich sind die Aufnahmen unter Alltagsbedingungen aber nicht so schlecht, dass man sie gar nicht verwenden könnte. Wer nicht viel Geld für eine Actioncam ausgeben möchte und keine hochwertigen YouTube-Videos erstellen will, bekommt mit der SJCAM SJ20 ein umfangreiches Paket an Funktionen mit einem akzeptablen Endergebnis geliefert. Gerade für Einsteiger könnte die SJCAM ein tolles Produkt sein, da man für wenig Geld sehr viel bekommt, was man bei der gleichwertigen Konkurrenz nicht findet.
Akkulaufzeit der SJCAM SJ20
Der eingebaute 800mAh Akku sorgt zusammen mit dem zusätzlich angedockten 1050mAh Akku für eine sehr lange Akkulaufzeit. So können wir im besten Fall bis zu 180 Minuten bei 4k/30fps aufzeichnen, was in den meisten Fällen mehr als ausreichend sein sollte. Wem das nicht reicht, der kann mit dem 4800mAh großen Handheld die Laufzeit auf weitere ~460 Minuten Aufnahmezeit fast verdreifachen.
Der Handheld lädt dabei auch den internen Akku der Kamera, sodass die Kamera nach kurzer Zeit auch ohne Handheld wieder einsatzbereit ist. Diese Kombination ist wirklich unschlagbar und bringt uns auch an langen Drehtagen nicht an die Grenze der Laufzeit. Sollten doch einmal alle Akkus versagen, lädt sich der interne Akku mit gemütlichen 4W und mit angedocktem Zusatzakku mit 8W wieder auf. Immerhin schafft der Handheld seine 10W und so sind alle Akkus in ca. 2 Stunden wieder voll einsatzbereit.
Testergebnis
Die SJCAM SJ20 ist eine sehr gute Kamera für Einsteiger und Sparfüchse. Sie ist tadellos verarbeitet, hat einen großen wechselbaren Akku und bietet einen Lieferumfang, der keine Wünsche offen lässt. Die Kamera hat eine Vielzahl von Haupt- und Zusatzfunktionen, mit denen man sehr flexibel agieren kann. Auch die Einstellmöglichkeiten für die Aufnahme sind umfangreich. Das eigentliche Highlight dieser Kamera ist jedoch die Doppellinse. Die Hauptlinse mit einer f/2.0 Blende soll bei Tageslicht das Optimum herausholen, die andere soll die Nacht zum Tag machen. Die f/1.3 Blende der Nachtlinse lässt viel Licht rein und erhellt auch die dunkelsten Ecken, allerdings sind die Aufnahmen teilweise sehr verrauscht und nicht schön anzusehen. Die Tageslichtaufnahmen sind dagegen in Ordnung, wenn auch manchmal etwas verwackelt. Das Mikrofon macht leise, aber akzeptable Aufnahmen. Die Kamera selbst ist bis 5m wasserdicht, kann aber mit dem mitgelieferten Unterwasserkit sogar bis 40m Tiefe eingesetzt werden. Die dazugehörige App ist allerdings nicht mehr auf dem neuesten Stand und wirkt lieblos umgesetzt. Auch fehlen offizielle Updates. Über den Hauptkanal gibt es für einige Modelle gar keine und über Nebenkanäle teilweise neue Firmware. Diese werden offensichtlich nur bei “Problemen“ über den Support freigegeben, aber nicht öffentlich geteilt. SJCAM macht mit der SJ20 vieles richtig, aber einiges wirkt nachlässig.
Für den Preis von 200€ ist die SJCAM SJ20 aber gut und empfehlenswert. Gerade wenn man nicht die höchsten Ansprüche an die Aufnahmen stellt, ist die SJ20 eine gute Wahl.
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