Meine ersten Schritte mit Gemini Advanced
Beim Kauf meines Google Pixel 9 Pro (zum Testbericht) war ein einjähriges Abo von Gemini Advanced enthalten. Gegenüber der Hardwareprämien aus den vergangenen Jahren ist das aus meiner Perspektive als Rückschritt zu betrachten. Eine Google Pixel Watch kann ich einfach verkaufen, wenn ich die Prämie nicht benötige oder ein anderes Modell bevorzuge. Das geht mit dem enthaltenen Abo natürlich nicht.
Einen positiven Aspekt konnte ich für mich dennoch entdecken, nämlich der ebenfalls bei dem über Google One abgewickelten Abo enthaltene Speicherplatz. 2 Terabyte in Google Fotos, Google Drive und anderen Diensten des Suchmaschinengiganten benötige ich und hatte deswegen zuvor das Abo ohne Gemini Advanced für 100 Euro im Jahr. Immerhin die spare ich also effektiv ein.
Google rechnet natürlich mit einer Ersparnis von knapp 264 Euro, denn das KI-Abo mit 2 Terabyte Speicherplatz und Zugriff auf Gemini Advanced kostet regulär 21,99 Euro im Monat. Allein deswegen, aber auch weil es kaum noch möglich ist, sich vor LLMs zu verstecken und ich quasi gezwungenermaßen die Pro-Version aus Mountain View im Abo habe, wollte ich einige erste Schritte in Gemini wagen und nehme euch auf diesem Weg mit.
Alle Google One-Abos im Überblick
Dabei möchte ich zunächst den Fokus auf Konversationen und Abfragen von Wissen legen und später einen Blick darauf werfen, inwiefern Gemini bereits den Google Assistant ersetzen kann. Im Smart Home-Bereich setzt Google weiter auf den altbewährten Assistenten.
Meine ersten Gespräche mit Gemini
Meine erste Idee war, mithilfe von Gemini den aktuellen Lidl-Prospekt auszulesen und mir anhand der Angebote und meiner Vorlieben eine Einkaufsliste zusammenzustellen. Dafür verwende ich Gemini 1.5 Pro und lade den Prospekt als PDF hoch. Ohne diesen Zwischenschritt funktioniert es nicht, denn dann verweist Gemini nur allgemein auf die Internetpräsenz des Discounters.
Nach einer knapp einminütigen Wartezeit wird mir die Antwort präsentiert. Sie besteht aus drei Tabellen, die direkt per Knopfdruck in Google Sheets exportiert werden können. Sie sind gestaffelt nach normale Angeboten, Coupons und Lidl Plus-Angeboten. Die Unterteilung der beiden letztgenannten Angebotsarten hat leider nicht funktioniert, denn die Tabelle mit den Coupons ist leer. Ansonsten habe ich jetzt den gesamten Prospekt in einer übersichtlichen Tabellenform aufbereitet bekommen. Fehler fallen mir nur stellenweise auf, wo der reguläre Preis fälschlicherweise auch als Angebotspreis angegeben wird. Hier müsste ich händisch nachbessern, nachdem ich die Tabelle in Google Sheets exportiert habe.
Meine Folgefrage nach den Süßigkeiten, die momentan reduziert angeboten werden, wird ebenfalls größtenteils korrekt beantwortet. Für diese Art von Aufgabe habe ich Gemini als gutes Tool wahrgenommen. Nun könnte ich einen sogenannten Gem erstellen, dort jede Woche den jeweils aktuellen Prospekt hochladen und mir eine immer wieder aktuelle Tabelle einrichten, auf Basis derer ich dann meine Einkaufsliste erstellen kann. Oder ich füttere Gemini im Gem mit Informationen zu meinem Essverhalten und lasse die wenig bis gar nicht zu mir passenden Angebote direkt herausfiltern.
Abfrage von Wissen
Die Körpergröße von Donald Trump darf mir Gemini nicht nennen – diese Sau wurde von den Massenmedien aber bereits hinreichend durchs Dorf gepeitscht. Konzentrieren wir uns also auf andere Bereiche.
Die Frage, was denn besonders am Rhythmus des Liedes Golden Brown von The Stranglers sei, beantwortet Gemini teilweise korrekt. Das Lied sei im 13/8-Takt geschrieben, was nicht falsch, aber auch nicht die komplette Wahrheit ist. Die stetigen Wechsel zwischen dem 6/8- und 7/8-Takt machen das Muster ebenfalls besonders, nicht nur die ungewöhnliche Taktart an sich. Ich hätte mir außerdem gewünscht, dass Harpsichord in der Antwort mit Cembalo übersetzt worden wäre.
Auf die Frage, wer die Musik der ersten 39 Folgen der deutschen Hörspielserie Die drei ??? komponiert habe, antwortet Gemini nur mit dem Namen und einigen Infos zu Carsten Bohn. Hier ist die Antwort komplett falsch, denn Gemini betont Bohn habe die gesamte Musik komponiert. Manfred Rürup, Andreas E. Beurmann und mindestens ein halbes Dutzend anderer Musiker mit regelmäßigen Verwendungen werden nicht genannt.
Das Problem dabei: Selbst auf Nachfrage ist Gemini nicht bereit, mir die Quellen für seine Aussagen zu nennen. Wenn ich moniere, dass die Antwort nicht korrekt ist, gibt Gemini das zwar zu – kompensiert seinen Fehler dann aber mit einer längeren Auflistung, die ebenso falsch ist.
Peter Morgenstern (eigentlich Jens-Peter Morgenstern) hat für die ersten 39 Folgen keine Musik beigesteuert, obwohl sie teilweise im Nachhinein dort eingefügt wurde. Komplett falsch ist Bert Brac, denn das ist ein Sammelpseudonym, zu dem unter anderem auch Carsten Bohn zählte. Dass Jan Fedder Musik beigesteuert habe, ist ebenso nicht korrekt. Christian Bruhn hat viele geniale Titellieder komponiert – Wickie, Heidi, Captain Future, Manni der Libero – aber nicht für Hörspiele von Europa.
Versuchen wir es weiter?
Auch diese Fehler gibt Gemini zwar zu, aber es kann doch nicht sein, dass ich aus dem Kopf mehr weiß und durch eine nicht einmal minutenlange Recherche belegen kann, als das aktuelle Top-LLM von Google. Für Wissensabfragen halte ich Gemini für komplett ungeeignet. Es bringt andauernd Sachen durcheinander, weigert sich, seine Quellen zu nennen und liefert teilweise sogar Falschinformationen.
Die Welt geht natürlich nicht unter, wenn ich jetzt denke, dass Christian Bruhn irgendwas mit Hörspielen zu tun hat. Ein kurzes Anwerfen der Google Suchmaschine hätte mir allerdings korrekte Infos geliefert.
Ich habe danach noch einige andere Prompts zu Themen, bei denen ich über einen großen Wissensschatz verfüge, an Gemini gefüttert und am laufenden Band falsche Antworten erhalten. Immerhin die Frage nach den Namen der ägyptischen Götterkarten aus Yu-Gi-Oh! wird vollkommen zutreffend beantwortet.
Direkt danach versuche ich es mit einer Frage zu meiner Lieblingsband. Darauf Gemini: “Bis jetzt ist nur ein Mitglied aus Seeed ausgeschieden: Demba Nabé, auch bekannt als Boundzound oder Ear, der einer der drei Sänger der Band war.” DJ Illvibe, der laut Wikipedia 2005 aus der Band ausgeschieden ist, wird nicht genannt.
Ich habe für die vergangenen Absätze nicht einmal Cherry Picking betreiben müssen. Ich habe Gemini einfach nur Fragen zu meinen Interessensgebieten gestellt und der überwiegende Teil der Antworten war mindestens teilweise falsch.
Gemini und andere Dienste von Google
Momentan gibt es knapp ein Dutzend sogenannte Erweiterungen für Gemini. Damit lassen sich Dienste wie Google Home, YouTube Music, Google Maps, Spotify und WhatsApp mit dem Assistenten steuern. Teilweise ist der Umfang dieser Erweiterungen noch sehr eingeschränkt und auch die Verfügbarkeit ist ein schleichender Prozess.
Tadellos funktioniert zum Beispiel, wenn ich Gemini bitte, einen Song bei YouTube Music abzuspielen. Viel spannender wäre sicherlich das Steuern meines Smart Home, doch die Google Home-Erweiterung ist bei mir bisher nicht aufgetaucht. Google verrennt sich gelegentlich in monatelangen Rollouts, wie ich in meinem Artikel zu Google Messages bereits aufgearbeitet habe. Momentan gibt Gemini meine Aufforderung, die Lampen einzuschalten, einfach an den Google Assistant weiter.
Gemini auf Smart Devices
Auf meinen Speakern und Displays habe ich überhaupt keine andere Wahl, als weiterhin mit dem Google Assistant vorliebzunehmen. Da Gemini die Steuerung von smarten Geräten noch nicht nativ unterstützt und es sich dabei um eines der wichtigsten Features solcher Smart Devices handelt, setzt der Suchmaschinenriese dort weiterhin auf seinen alten Sprachassistenten. Das betrifft unter anderem den Google Nest Mini, Nest Hub, Nest Audio und auch Speaker und Displays von Drittanbietern wie die Xiaomi Smart Clock und den Smart Speaker desselben Herstellers.
Doch es besteht Licht am Ende des Tunnels, denn Gemini ist bereits in einer Public Beta auf ausgewählten Smart Speakern verfügbar. Um auf diese Beta zuzugreifen, müsst ihr eine ganze Reihe an Voraussetzungen erfüllen. Gemini für Google Nest erfordert den Aufenthalt in den USA, Englisch als ausgewählte Sprache und ein Nest Aware-Abo für mindestens 6 Euro im Monat oder 60 Euro pro Jahr. Zudem müsst ihr mindestens 18 Jahre alt sein und Voice Match eingeschaltet haben. Unterstützt wird das Feature momentan nur auf dem Google Nest Mini (2. Generation) und Google Nest Audio.
Einem Blogeintrag von Google zufolge soll das Feature später auch auf Smart Displays ausgeweitet werden. Die Integration funktioniert so, dass nach jedem Kommando geprüft wird, ob Gemini oder der Google Assistant den Befehl ausführt. Wenn eine Antwort auf KI-Basis ausgegeben wird, ertönt davor ein kurzes Läuten.
Gemini in anderen Google-Diensten
Über die vergangenen Wochen hat Google seinen Assistenten in andere Dienste integriert. Im Browser kann ich Gemini in Google Docs und Google Sheets benutzen und sogar die Android-App von Gmail hat einen prominent platzierten Button in der rechten oberen Ecke verpasst bekommen. Die Gmail-Integration hat in einem kurzen Test meinerseits trotz aktivierter Berechtigungen überhaupt nicht funktioniert.
Ansonsten existiert eine direkte Verknüpfung in Google Drive. In anderen Ländern, besonders in den USA, ist das Angebot breiter aufgestellt. Mit der Zeit werden sicherlich auch die in Deutschland noch fehlenden Verknüpfungen auftauchen.
Meine erste Einschätzung zu Gemini Advanced
Nachdem ich nun für einige Stunden mit einigen Features von Gemini experimentiert habe, muss ich meine Enttäuschung ausdrücken. Zwar kann Gemini sich sehr gut artikulieren, gibt kohärente Antworten, reagiert toll auf Folgefragen und kann sich den Kontext merken – doch auf faktischer Ebene lassen die Informationen oft zu wünschen übrig. Toll finde ich hingegen die Möglichkeit, sich große Mengen an Informationen, zum Beispiel aus einer PDF oder einem YouTube-Video, schnell und einfach zusammenfassen zu lassen. Beim Erfassen und Herunterbrechen großer Datenmengen macht Gemini weniger Fehler als bei expliziten Wissensabfragen.
Die Extensions sind ganz nett, stellen für mich aber keinen großen Mehrwert dar. Das könnte sich schlagartig ändern, wenn Gemini die Steuerung von Smart Home-Geräten unterstützt. Ebenfalls großen Nachholbedarf hat die KI bei Ausführungen auf dem Gerät. Gemini kann mittlerweile Apps öffnen – auf meinem Pixel 9 Pro aber nicht ganz so schnell wie der Google Assistant. Anfragen bezüglich der Taschenlampe werden von Gemini an den Assistant weitergegeben und dann ausgeführt. Eine Divisionsaufgabe löst Gemini, antwortet dann aber aus irgendeinem Grund auf Englisch. Aber immerhin – beim Assistant hängt es stark von der Tagesform ab, ob er Divisionen lösen kann oder nicht.
Außerdem gibt Gemini seit einigen Tagen direkt das Ergebnis aus, wenn ich nach einer Währungsumrechung frage. All das zeigt: Gemini Advanced hat noch einen weiten Weg vor sich. Viele Features fehlen bisher komplett, die Antworten sind nicht immer korrekt und auch die Integration in das Google-Ökosystem steht erst ganz am Anfang. Für meine Nutzung wäre das Abo für 21,99 Euro im Monat herausgeschmissenes Geld.
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Was Cloudspeicher betrifft, halte ich es weiterhin mit Telegram. Selbst in der Gratisversion wird uneingeschränkter Speicher angeboten, bis 2 GB pro File; die Pro-Version für einen minimalen Obolus sogar bis 4 GB pro File. In den letzten Jahren sind da bereits TB’s im zweistelligen Bereich gelandet und ich habe jederzeit alles an Filmen & Musik abrufbar. Ich hatte auch nie irgendwelche Störungen oder Einschränkungen in der Up- oder Download Geschwindigkeit. Was will ich mehr?
Ich finde copilot ist ein ganzes Stück besser gegenüber Gemini. Vorteil von Gemini ist, daß es gut in Google integriert ist und sich mit ok Google öffnen lässt aber die Ergebnisse sind noch weit weg von gut. Bei copilot ist das Ergebnis um einiges besser und am besten finde ich aktuell Perplexity. Aber der Weg ist schon mal gut. Danke für den Beitrag und vielleicht macht ihr mehr solcher Tests da es doch ein immer wichtigeres Thema wird und schon ist. Top danke.
Ich glaube ich muss mein Sony Xperia IV mal reaktivieren denn dort wird mir auch Gemini angeboten auch wenn es nur die Standard Version von Gemini ist.
Ich wünsche allen einen guten Rutsch ins neue Jahr bitte nicht wörtlich denn wer weiß schon was dann mit euch passiert*g*
Mfg Lars
Klasse Beitrag @Benjamin Kalt Auch wenn Gemini noch lange nicht perfekt ist und das wohl auch niemals sein wird, zeigt dein Test einen rasanten Fortschritt gegenüber dem Assistant des gleichen Anbieters. Der größte Fortschritt liegt wohl im Abo-Modell. Je mehr Fortschritte Gemini in der Smart Home Steuerung macht, umso schneller wird der (fast) kostenlose Assistant obsolet. Praktische Anwendungen als Einkaufshelfer, Lexikon, Datenbank kommen spielerisch hinzu und werden irgendwann von fast jedem genutzt. Spätestens dann wird ein Abonnement von Gemini (oder dem Gegenstück von Amazon oder Apple) für uns so selbstverständlich sein wie jetzt ein Internetzugang. Auch wenn es Geld kostet… Weiterlesen »