Canon, Nikon, Sony – Nehmt euch ein Beispiel an den Smartphones!
Inhaltsverzeichnis
Als Autor eines Technik-Magazins kommt man an Fotografie nicht vorbei. Zum einen hat jedes Smartphone eine oder mittlerweile mehrere Kameras, die es zu beurteilen gilt. Und zum anderen muss man ja irgendwie ein paar Produktfotos für die Testberichte machen. Und so kam es zu meinem ersten, zweckgebundenen Kontakt mit Spiegelreflex-Kameras vor etwa 7 Jahren. Seitdem habe ich mich eingehend mit Smartphone-Kameras beschäftigt und natürlich auch versucht, die Produktfotos möglichst schön zu gestalten.
Ich bin zwar meilenweit davon entfernt, ein professioneller Fotograf zu sein, möchte aber trotzdem im Folgenden etwas ansprechen, das mich seit Längerem stört: die elendige Fortschritt-Verweigerung der großen Hersteller von DSRL- oder DSLM Kameras. Ich möchte damit ein paar Anregungen geben, an welchen Punkten meiner Meinung nach Verbesserungsbedarf besteht. Wie viele andere Produktsparten hat die Fotografie-Szene nämlich ein gewisses Eigenleben entwickelt, das meiner Meinung nach einen kleinen Realitätsabgleich gebrauchen könnte.
Konnektivitätsstandards aus dem letzten Jahrzehnt
Vor kurzem bin ich auf die Suche nach einem Nachfolger für meine alte Canon EOS 200D gegangen. Zur Orientierung habe ich mir die Bestenliste der “Low-Budget” Systemkameras bis 1000€ der Stiftung Warentest angesehen. Folgende Modelle belegen dort die ersten Plätze:
- Nikon Z50
- Panasonic Lumix DC-G91M
- Canon EOS 850D
- Canon EOS M200
- Panasonic Lumix DC-G110K
Und was haben alle diese Modelle gemeinsam? Einen Micro-USB Anschluss.
Als technikbegeisterter Nutzer muss man sich das wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wir bei Chinahandys.net verweigern mittlerweile den Test von Smartphones ab 100€, die noch über den veralteten USB-Standard verfügen. Hersteller von kabellosen Kopfhörern kritisieren wir bereits ab einem Preis von 50€ scharf, wenn kein USB-C zum Einsatz kommt. Und was macht die Kamera-Industrie? Sie verbaut USB-C nur in Modellen weit über 1000€ und erhebt das 1-Euro Bauteil zu einem Premium-Feature.
?
Für “Low-Budget”-Käufer und “APS-C Looser” hat das natürlich entscheidende Nachteile. Zum einen ist der alte Micro-USB Anschluss deutlich anfälliger für Beschädigungen und leiert nach einer gewissen Zeit aus. Im Ernstfall muss man dann eine teure Reparatur durchführen lassen. Zum anderen bietet USB-C eine wesentlich breitere Unterstützung beim Anschließen von Drittgeräten. Um ein Kondensatormikrofon wie mein Rode NT-USB an ein Smartphone mit USB-C anzuschließen, genügt ein einziges Kabel. Das Mikrofon wird dann zur Soundaufnahme verwendet und bekommt den Strom direkt über den USB-Port. Um das Mikro an eine “Low-Budget” Systemkamera anzuschließen, muss man ein Aux-Kabel verwenden und das Mikro zusätzlich mit Strom versorgen. Neuere Testgeräte wie etwa das Saramonic Funkmikro kann ich mit meiner DSLM Kamera erst gar nicht benutzen. Mit meinem Redmi 9T für 100€ aber schon.
Darüber hinaus lässt sich per USB-C auch wesentlich einfacher der Bildschirminhalt der Kamera auf einen Fernseher oder Monitor übertragen, als über die Micro-HDMI Anschlüsse der meisten Systemkameras. Weiterhin ist die Übertragungsgeschwindigkeit von Dateien auf den PC durch den USB 2.0 Standard auf 60MB/s beschränkt. Und das in einer Zeit, in der die bei Fotografen so beliebten MacBooks keinen SD-Slot mehr verbaut haben und man zum Verbinden der Kamera aufgrund des alten Standards nicht nur ein Kabel, sondern auch noch ein Dongle dazu braucht.
Und schließlich nervt es auch einfach, ein altes Mikro-USB Kabel für das teuerste Produkt meiner Technikausrüstung mitzuschleppen, während Laptop, Smartphone & Kopfhörer schon seit Jahren über USB-C aufgeladen werden. Willkommen im Jahr 2021.
… und beim USB-Anschluss hört es ja nicht auf. Ich möchte hier keinen langweilen, aber alle obengenannten Kameras setzen für die drahtlose Verbindung mit dem Smartphone auf Bluetooth 4.1 oder 4.2, also einen sieben Jahre alten Standard. Meine 30€ TWS-Kopfhörer haben übrigens Bluetooth 5.0. Fast genauso sieht es bei der Wifi-Anbindung aus. Auch hier stecken einige neue Modelle noch bei 2,4GHz fest.
Touchscreens und Displays von der Resterampe
Nachholbedarf besteht meiner Meinung nach auch bei den verbauten Displays. Bei einem so teuren Produkt sollte man meiner Meinung nach ein farblich kalibriertes Display, wenn möglich mit OLED-Technik zum Einsatz kommen. Mit Ausnahme der Panasonic Lumix DC-G91M arbeiten jedoch alle obengenannten Modelle noch mit der veralteten TFT-Technik. Dies sorgt für einen höheren Energieverbrauch, eine schlechtere Farbwiedergabe, weniger Blickwinkelstabilität und eine schlechte Lesbarkeit im Sonnenlicht. Zudem arbeiten die Touchscreens in Systemkameras einfach schlechter als diejenigen herkömmlicher Smartphones. Ein flüssiges Zoom und Scrollen durch die gemachten Aufnahmen ist mit den meisten Kameras einfach nicht möglich.
Bildqualität im Automatikmodus
Und nun kommen wir zu einem sensiblen Thema: Dem Automatikmodus. Mir ist natürlich klar, dass kein professioneller Fotograf die ganze Arbeit der Kamera überlässt. Auch lässt sich nicht leugnen, dass Systemkameras hier viel mehr Möglichkeiten bieten als Smartphones und richtiger Spaß erst mit einem Festbrennweiten-Objektiv für 500€ aufkommt ?. Aber…
Die Realität sieht doch anders aus: Der Großteil der Nutzer kauft eine Systemkamera und verwendet sie mit Kit-Objektiv im Automatikmodus. Ist das verwerflich? Ich finde nicht. Und hier kommen wir jetzt zu einem Punkt, an dem ich mich weit aus dem Fenster lehne und behaupte, dass aktuelle High-End Smartphones mindestens genauso gute Bilder produzieren wie gleich teure DSLM-Kameras. Schauen wir uns doch mal ein paar Aufnahmen an. Zum Einsatz kommt einmal eine Nikon Z50 mit Nikkor Z DX 16-50mm Kitobjektiv und ein Xiaomi Mi 11 Pro. Könnt Ihr erraten, welches Foto von welchem Gerät aufgenommen wurde?
Die Aufnahmen links kommen von der Nikon Z50 und die Aufnahmen rechts vom Xiaomi Mi 11 Pro. Durch die Bank hat das Xiaomi Mi 11 Pro einen deutlich höheren Dynamikumfang, während bei der Nikon Z50 dunkle Stellen teilweise “versinken” oder der Himmel wie im vorletzten Bild ausgebrannt ist. Ich bin mir sicher, dass bei einem Blindtest 90% der Nutzer die Bilder des Mi 11 Pro bevorzugen würden.
“Aber hey… Dafür kann man das Smartphone bei schwachem Licht gleich in der Hosentasche stecken lassen. Immerhin ist der Sensor viel zu klein, um gute Aufnahmen zu machen”
Schauen wir doch mal….
Das Xiaomi Mi 11 Pro (links) zerstört die Nikon Z50 bei Nachtaufnahmen. Mehr Details, weniger Bildrauschen, stärkere Farben und eine höhere Dynamik.
Bedenkt man, dass die Nikon Z50 mehr kostet als das Xiaomi Mi 11 Pro, etwa viermal so groß ist und ihr einziger Zweck im Aufnehmen von Bildern besteht, ist das schon ein etwas trauriges Ergebnis.
Video-Auflösung
Ein weiterer Punkt, in dem die Kamera-Hersteller vehement neue Standards für die teuren Modelle reservieren, sind die Videos. Smartphones können seit Jahren ab etwa 200€ Aufnahmen in 4K mit 30FPS produzieren. Ab circa 350€ bekommt man die ersten Modelle, die 4K / 60FPS aufnehmen können. Und auch für 8K-Videoaufnahmen gibt es inzwischen schon bei den ersten Smartphones für rund 300€ wie dem Poco F3.
Bei den Systemkameras war der Standard bis vor 1-2 Jahren noch, dass unter 1000€ bei Full-HD Auflösung Schluss ist. Inzwischen sind die Hersteller immerhin bei 4K mit 30FPS angekommen. Dennoch hängt man immer noch zwei Schritte hinter den Smartphones hinterher. 4K mit 60FPS können nur kostspielige Kameras aufnehmen und 8K Aufnahmen gibt es nur in einem Preisbereich fernab vom Privatnutzer. Zudem ist die Bildstabilisierung bei Smartphones wesentlich besser – auch im Vergleich mit teuren Modellen.
Zum Aufnehmen von Videos ist daher das Smartphone in 90% der Fälle einfach die bessere Wahl.
“Wer braucht schon 4K/60 FPS oder 8K-Videos?” – Könnte man jetzt natürlich fragen. Lasst mich an dieser Stelle sagen: VHS war auch mal ein modernes Format. Heutzutage kann man sich die Aufnahmen kaum noch anschauen, ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Und genauso wird es mit Full-HD und irgendwann auch 4K aussehen. Spätestens unsere Kinder werden sich beim Ansehen der Videos die Augen reiben. Und wenn ich mir schon die Mühe mache, gute Videos aufzuzeichnen und sie eventuell noch zu schneiden, dann hätte ich doch gerne, dass man sie auch in ein paar Jahren noch ohne Scham präsentieren kann.
Schlusswort
Auch wenn ich mir hier etwas den Frust von der Seele geschrieben habe, geht es mir nicht darum, die ganze DSLM / DSLR Industrie zu verteufeln. Natürlich haben die Hersteller ihre Daseinsberechtigung und richtige Kameras sind nach wie vor für professionelle Fotos und Videos unersetzlich.
Ich denke allerdings, dass es den Herstellern guttun würde, sich einmal etwas Inspiration bei den Smartphone-Herstellern zu nehmen. Absolute Basics wie USB-C, Bluetooth 5 und 4K-Videos sollten keine Premium Features sein. Zudem sollten die Hersteller nicht zu stolz sein, ihren Automatikmodus etwas aufzumöbeln, da viele private Nutzer diesen Modus letztendlich auch verwenden. Es kann doch nicht wahr sein, dass man mit dem Xiaomi Mi 11 Pro ohne Fachkenntnisse bei Tag und bei Nacht bessere Aufnahmen machen kann als mit der Nikon Z50. Was denkt Ihr dazu?
Newsletter bestellen
Hol Dir die neuesten Infos zu Chinahandys und Gadgets direkt ins Postfach!
Alle News Updates über Telegram.
Liegt die Problematik nicht eher ganz woanders? Samsung, aber insbesondere Sony treiben gerade die traditionellen Kamerahersteller aus den Markt. Womit? Mit den Gewinnen aus der Kameraproduktion für Smartphones. Die Kameras kommen ja nun nicht von Xiaomi (=Samsung) oder Apple (=Sony). Natürlich braucht heute im Alltag niemand mehr eine extra Kamera wie die Canon Ixus, aber Fotografie ist Hobby, Passion, Job. Das kann ein Handy nicht ersetzen und erfahrungsgemäß können diese Geräte einen Arbeitsalltag auch nicht überstehen. Das ist aber auch nichts besonderes, auf einem Tintenstrahldrucker drucke ich auch nicht 1000 Seiten am Stück.
Ojeh da habt ihr aber die Büchse der Pandora geöffnet, Querlesen der Kommentare: Klar kommen dann die Heinis auf Fotografieforum XY ganz nach dem Motto nur wenn du 10k Scheine in Equipment versenkst bzw dir ein weißes Objektiv mit rotem Ring auf die Canon schraubst welches alleine den Wert eines gebrauchten Golf hat dann hast erst die Genehmigung überhaupt fotografieren zu dürfen… PS bei Smartphones kann man mittlerweile auch den “Kindergartenmodus” ausschalten. Open Camera App. Vollmanuelle Steuerung möglich wer will. Das hat dazu geführt dass ich die ganzen Staubfänger alle verkauft habe.Die beste Kamera ist die die man dabei hat.… Weiterlesen »
Das ist jetzt aber nicht ernst gemeint?
das FORMAT nennt sich CHINAHANDYS…. oder auch SOZIALKREDIT-MELDE-GERÄT.
Photo: Nikon Z6, oder Canon R6, Sony a7, dazu lichtstarkes Glas.. du hast keinen schangse..
Film. die BMC C Poket 4k RAM mit nettem f,18er Zeug verballert diese Falschfarbentschinböller.
Und dann nimm mal eine CANON C70.. Linsen und viel Studiolicht..
mann oh mann.. 🙂
Thema verfehlt es geht hier um den Home User. Und du willst dem Home User ernsthaft Equipment für 3k+ andrehen. Klar jeder Home User hat dann auch noch ein eigenes Studio …
Ich glaube du brauchst ein Snickers.
Mein “Xiaomi Mi 10T Pro” hat 108 MP. Meine “Sony a7 RII” + FE 24-105mm hat 42 MP. Den Unterschied merke ich wenn ich Fotos von beiden Kameras mit Photoshop bearbeite. Da schmieren die 108 MP von Xiaomi natürlich ab. Also benutze ich die Kamera von Xiaomi nur für WhatsApp, Ebay-Kleinanzeigen und ähnlichen. Ich bin kein Profi was das fotografieren angeht, wer will kann sich meine Fotos hier anschauen : https://500px.com/p/spackofatz?view=photos Das schöne an der”Sony a7 RII” ist, das man auch mit Apps fotografieren kann. Das macht Spaß und die Sony kann das sehr gut. Apps gibt es im Sony-Store… Weiterlesen »
ge zu stellen. Danke für den wirklich guten Artikel! Ich hatte mir selber mal eine Nikon D3300 gekauft, weil mir in etlichen Fotografieforen mitgeteilt wurde, dass die doch viel bessere Bilder als mein Smartphone machen würde (ich hatte zu der Zeit ein LG G8). Ich hatte also ~300€ für die Kamera ausgegeben und war eigentlich von Anfang an enttäuscht, da die Bildqualität in den alltäglichen Bildern nicht merklich besser war. Also bin ich wieder auf in das Fotografieforum und man meinte zu mir, dass ich den Automatikmodus nicht benutzen, die ganzen anderen Modi links liegen lassen und nur den manuellen… Weiterlesen »