Kommentar: Google Messages ist eine Katastrophe!
Entschuldigt bitte den polemischen Titel – doch ich muss mir heute meinen Frust von der Seele schreiben. Mit der Veröffentlichung von iOS 18 hat Apple am 16. September seine Messaging-App iMessage um Unterstützung für den SMS-Nachfolger RCS erweitert. Seitdem können Android- und iPhone-Nutzer ohne eine Messaging-App eines Drittanbieters installieren zu müssen miteinander kommunizieren. Das betrifft nicht nur Textnachrichten, sondern ebenso Fotos, Videos, Sprachnachrichten und andere Mediendateien.
Android-Nutzer können untereinander bereits seit Jahren via RCS kommunizieren, tun das in aller Regel aber nicht. Google Messages konnte sich als Alternative zu WhatsApp, Signal und Telegram nicht durchsetzen. Ob sich das mit der Integration des Standards in iMessage ändert, ist fraglich. Wünschen würde ich es mir, denn Software von Google gefällt mir zumeist sehr gut. Samsung hat seine eigene Messaging-App erst vor einigen Wochen zugunsten von Google Messages eingestellt – es scheint also Bewegung in den Markt zu kommen.
Das Problem ist, dass Google sich zu langsam bewegt. Messages ist eine gute App, die in ihren Grundfunktionen die bekannten und eben aufgezählten Messenger durchaus ersetzen könnte. An einigen Stellen bietet sie sogar bereits jetzt deutlich mehr. Allerdings lässt sich der Suchmaschinenriese aus Mountain View bei der Umsetzung und Veröffentlichung vieler relevanter Funktionen deutlich zu viel Zeit. Nachdem in einem jahrelangen, aussichtslos erscheinenden Prozess versucht wurde Apple von dem RCS-Standard zu überzeugen, erwarte ich eine benutzerfreundliche Erfahrung in der App, die als Gegenstück für das etablierte iMessage angedacht ist.
Google Messages: Was bereits funktioniert
Google Messages bietet insgesamt eine brauchbare Nutzererfahrung. Nachrichten verfassen, GIFs anhängen, Sprachnachrichten aufnehmen und empfangene Sprachnachrichten automatisch transkribieren lassen, Chats archivieren, Gruppenunterhaltungen erstellen und Lesebestätigungen senden und empfangen funktioniert tadellos.
Und ja – all das geht seit Mitte September nicht nur mit Android-Kontakten, die einen Messenger mit RCS-Support installiert haben, sondern auch mit iPhone-Kontakten. Ich habe das mit einem Kollegen schon während der Beta-Phase von iOS 18 ausprobiert. In den vergangenen zwei Wochen haben einige Bekannte das Stable-Update installiert und können seitdem auch via RCS kontaktiert werden. Das Gros der Kontakte wechselt nach einem kurzen “Hallo” bei der nächsten Konversation dann aber doch wieder auf WhatsApp.
Google entwickelt indes weiter an seiner Messaging-App und neue Updates erscheinen fast jeden Tag. Leider ändert sich darin oberflächlich zumeist überhaupt nichts. Neue Features werden sowieso serverseitig freigeschaltet und nicht als Update ausgespielt. Und genau hier liegt ein Teil des Problems von Google Messages.
Gebt uns die Features (zurück)!
Am 9. September berichtet das Blog 9To5Google, dass das Bearbeiten von RCS-Textnachrichten jetzt in der breiten Masse ausgerollt werde. Nachdem genau diese Funktion bereits im Mai kommuniziert wurde und viele Nutzer sie sogar schon nutzen konnten und teilweise immer noch können. Warum teilweise? Vielen Beschwerde-Posts auf Reddit zufolge hat Google das Feature einigen Nutzern einfach wieder weggenommen. Ich kann dazu leider keine anekdotische Evidenz beisteuern, denn ich habe die Funktion nie erhalten.
Andersherum ist es bei Gemini in Google Messages. Der KI-Assistent von Google als Teil der Messaging-App soll seit Mai ausgerollt werden. Etwas später wurde eine Option in den Einstellungen hinzugefügt, welche den Splash-Button in der Nachrichtenübersicht deaktiviert. Zuvor war dieser Button, insofern ihr das Feature erhalten habt, immer aktiv. Ich habe Screenshots von meinem Google Pixel 7 Pro, die Wochen vor der Ankündigung angefertigt wurden, und besagte Einstellung bereits beinhalten. Aktivieren konnte ich Gemini darüber nicht, denn der Knopf hatte bei mir keine Funktion.
Ein ähnliches Drama umwebt die Funktion Profile Discovery. Die wird mindestens seit März an die Nutzer verteilt, hat mich bisher aber nicht erreicht. Für eine ganze Menge verärgerter Kommentatoren auf Reddit gilt offenkundig dasselbe. Profile Discovery erlaubt es euch, ein Profil in Google Messages zu erstellen. Das Profil enthält dann ein Bild und einen Namen – beides ist mit eurer Telefonnummer verknüpft und wird euren Kontakten angezeigt. Diese Option überschreibt Kontaktbilder aus den Google Kontakten. Dass die überhaupt jemand nutzt wurde mir erst bewusst, als sich Nutzer, die Profile Discovery bereits erhalten haben, über genau dieses Verhalten beschwert haben.
Verlustfreier Versand von Bildern und Videos wäre auch toll
Ich kann also kein Profilbild in Google Messages hochladen und bereits abgeschickte Nachrichten bearbeiten geht auch nicht. Andere Nutzer derselben App können das, weil bei denen irgendein serverseitiger Schalter von Google umgelegt wurde. Beide Features müssen allerdings beim Sender und Empfänger aktiv sein – das führt die seltsamen Mini-Rollouts von Google eigentlich noch weiter ad absurdum.
Noch schlimmer finde ich die fehlende Möglichkeit, Bilder und Videos verlustfrei via RCS zu verschicken. Derzeit geht das nur, wenn ihr die Medien als Datei anhängt – genau wie bei WhatsApp also. Daran arbeitet Google momentan und viele Posts und Kommentare auf Reddit belegen, dass hier derzeit die meiste Bewegung stattfindet. Sobald die Funktion für euch aktiv ist, teilt Google Messages das mit einem Pop-Up mit. Ich warte noch.
Irgendwann hat Google ein neues Design für Bilder mit angefügter Textnachricht eingeführt – der Text stand nun unten und das Bild war darüber, wie es sich auch gehört. Das wurde still und heimlich nach ein paar Tagen wieder rückgängig gemacht und jetzt wieder eingeführt. Ebenfalls erst derzeit im Rollout befindet sich die Dual SIM-Funktion. Zuvor hat Google Messages automatisch eure primäre SIM-Karte für RCS verwendet und sich davon auch nicht mehr abbringen lassen, außer ihr ändert die primäre SIM-Karte für euer ganzes Smartphone.
Unsere Einschätzung: Ist Google Messages noch zu retten?
Meine klare Antwort auf diese Frage lautet “Ja!”, denn Google Messages ist schon jetzt eine gute App. Aber Google muss sich beeilen, essenzielle Funktionen wie das Bearbeiten von Nachrichten endlich umzusetzen und an alle Nutzer zu verteilen. Genau jetzt zeigen Nutzer und Medien Interesse an dem Thema, weil Apple RCS adaptiert hat. Zumindest gilt das für die USA, denn dort ist iMessage eine echte WhatsApp-Alternative und viel beliebter als hierzulande. Auf dieser Welle muss der Suchmaschinengigant mitschwimmen, um ein bisschen Rummel für seine eigene Messaging-App mitzunehmen. Bei den bisherigen Versuchen ist das nicht gelungen. Oder erinnert ihr euch noch an Google Allo?
Zum Schluss möchte ich noch positiv erwähnen, dass die Wear OS-App von Google Messages richtig gut ist. Ich kann sogar Sprachnachrichten mit der Uhr aufnehmen. Da ich das jetzt gesagt habe, muss ich negativ erwähnen, dass die App auf Tablets eine Katastrophe ist, wenn ihr die Nachrichten mit eurem Smartphone synchronisiert. Dann handelt es sich nämlich um eine Progressive Web App (PWA), die sich entsprechend deutlich träger anfühlt als eine native Einbindung. Das hat WhatsApp besser gelöst.
Ich werde jedenfalls weiter versuchen, meine Kontakte passiv-aggressiv von RCS als Alternative zu WhatsApp zu überzeugen. Bis dahin sind Chats mit iPhone-Nutzern vielleicht auch verschlüsselt. Wobei daran jetzt tatsächlich einmal Apple Schuld hat.
Und nächste Woche widmen wir uns dann der Frage, warum wir außerhalb der Vereinigten Staaten nur ein Drittel der versprochenen Funktionen erhalten und für Google-Hardware trotzdem mehr bezahlen sollen. Es bleibt spannend! 😉
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