Kameravergleich: Google Pixel 7 Pro vs Xiaomi Mi 11 Ultra

Das Xiaomi Mi 11 Ultra (zum Test) haben wir im letzten Jahr zu unserem Kamerakönig gekürt. Aber die Technikwelt ist schnelllebig und das Mi 11 Ultra inzwischen fast eineinhalb Jahre alt. Es drängen neue Geräte auf den Markt und mit ihnen bessere Kamerasetups… oder etwa nicht? – So haben wir im letzten Jahr unseren Kameravergleich zwischen Google Pixel 6 Pro und Xiaomi Mi 11 Ultra begonnen. Fast genauso könnten wir diese Frage auch in diesem Jahr noch stellen, denn die Smartphone-Entwicklung ist etwas ins Stocken geraten. Gleichzeitig ist das Mi 11 Ultra zu Bestpreisen zu haben. Nun hat letztes Jahr schon das Pixel 6 Pro das Xiaomi Mi 11 Ultra in unserem direkten Vergleich geschlagen. Wir erwarten also nicht, dass es das Xiaomi Mi 11 Ultra in diesem Jahr schaffen wird, das neue Google Pixel 7 Pro (zum Test) zu schlagen. Vielmehr heißt es in diesem Jahr: Wie viel mehr Kamera bekommt man mit dem neuen Pixel 7 Pro gegenüber einem inzwischen günstigeren “alten” Flaggschiff?

Kamera Setup im Detail

Bevor wir zu den Bildern beider Smartphones kommen, werfen wir doch zunächst mal einen Blick auf die verbauten Kameras:

Google Pixel 7 Pro

• Hauptkamera: 50 Megapixel (Samsung GN1), f/1.9, 1/1.31 Zoll, 25mm, Autofokus, OIS
• Ultraweitwinkel-Kamera: 12 Megapixel (Sony IMX381), f/2.2, 1/2.9 Zoll, Autofokus, 125,8°
• Zoom-Kamera: 48 Megapixel (Samsung GM1), f/3.5, 1/2.55 Zoll, 120mm, Autofokus, OIS, 5x Zoom
• Selfie-Kamera: 10,8 Megapixel (Samsung 3J1), f/2.2, 1/3.1 Zoll, 21mm

Xiaomi Mi 11 Ultra

• Hauptkamera: 50 Megapixel (Samsung GN2), f/1.95, 1/1.12 Zoll, 24mm, Autofokus, OIS.
• Ultraweitwinkel: 48 Megapixel (Sony IMX586), f/2.2, 1/2.0 Zoll, 12mm, Autofokus, 128°
• Zoom-Kamera: 48 Megapixel (Sony IMX586), f/4.1, 1/2.0 Zoll, 120mm, Autofokus, OIS, 5x Zoom
• Selfie: 20 Megapixel (Samsung s5k3t2), f/2.2, 1/3,4 Zoll, 27mm

Das Kamera Setup des Xiaomi Mi 11 Ultra liest sich auch zwei Jahre nach Launch noch bombastisch. Drei hochauflösende Pixel-Binning Sensoren auf der Rückseite, dazu ist der eine auch noch der fast einen Zoll große Samsung GN2. Die beiden anderen Kameras setzen auf den IMX586, der in anderen Smartphones auch gerne mal für die Hauptkamera zum Einsatz kam. Google setzt dagegen ein weniger spektakuläres Setup. Der Hauptkamerasensor des Pixel 7 Pro, der Samsung GN1, ist direkter Vorfahre des Samsung GN2 aus dem Mi 11 Ultra. Damit setzt das zwei Jahre alte Xiaomi Flaggschiff auf einen neueren Sensor als das frisch erschienene Pixel 7 Pro. Aber gut, inzwischen sollte uns allen klar sein, dass Hardware nur ein Teil der Rechnung ist. Wenigstens genauso wichtig ist die Software dazu und das ist genau Googles Fachgebiet. Es dürfte also wieder spannend werden. Damit werfen wir mal einen Blick auf die Bilder beider Smartphones.

Links findet ihr die Aufnahmen des Google Pixel 7 Pro, rechts daneben das Xiaomi Mi 11 Ultra.

Tageslichtaufnahmen Hauptkamera

Erst einmal vorweg: Google Pixel 7 Pro und Xiaomi Mi 11 Ultra schießen mit der Hauptkamera bei Tag grandiose Bilder. Wer nun erwartet, dass die zwei Jahre Altersunterschied zwischen den Geräten sofort sichtbar würden, vertut sich. Die Bilder beider Geräte bewegen sich auf höchstem Niveau. Dennoch sind im Detail auch einige Unterschiede zu erkennen. Das Xiaomi Mi 11 Ultra fängt etwas mehr Licht ein, dunkle Bereiche werden etwas besser ausgeleuchtet, helle Flächen strahlen etwas mehr. Dabei verarbeitet Xiaomi das direkt einfallende Sonnenlicht aus Bilderpaar 2 besser. Google bietet hier einen leichten Rotstich und die Lensflares fallen störender aus als bei Xiaomi.

Bei den Details können wir keinen wirklichen Gewinner ausmachen. In dem Bilderpaar oben liegt Xiaomi deutlich vorn, im kommenden Bilderpaar dann Google:

Damit zum wohl umstrittensten Punkt, die Farbwiedergabe. Die hat Xiaomi im vergangenen Jahr gegen das Pixel 6 (zum Kameravergleich) den Punkt gekostet. Aber nun? Ein Jahr und einige Updates später gefallen mir die Farben bei Xiaomi exzellent. Google setzt auf eine realitätsnahe und deshalb tendenziell kühlere, weniger kontrastreiche Darstellung. Xiaomis Kamerasoftware hat diesen Realitätsanspruch nicht. Vielmehr geht es schlicht darum, ein möglichst anschauliches Foto zu liefern und das heißt an den richtigen Stellen an den richtigen Parametern zu drehen. Nehmen wir das nächste Bilderpaar, den Innenraum der Kirche. Viel Gold, aber auch viel Weiß und Braun, das ausgewogen hinzubekommen ist schwierig. Aber Xiaomi gelingt das einfach gut. Die Goldtöne strahlen das entscheidende bisschen mehr, das Holz der Bänke ist etwas wärmer, ohne dass das Weiß der Wände ins Gelbe abdriftet.

Xiaomi hat seiner Software hier einfach auf die Sprünge geholfen. Die Farbdarstellung balanciert gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Realitätstreue und überbearbeitet. Weiterhin hat Xiaomi die Unschärfe an den Rändern ausgemerzt, die wir dem Mi 11 Ultra im letzten Jahr angekreidet haben und somit heißt es hier: Punkt für Xiaomi.

Klingt komisch, aber da zeigt sich mal wieder, was etwas Nacharbeit an der Software ausmachen kann: Das Google Pixel 6 Pro hat das Xiaomi Mi 11 Ultra noch geschlagen, nun schlägt das Xiaomi Mi 11 Ultra aber das Pixel 7 Pro.

Nachtaufnahmen Hauptkamera

Im letzten Jahr ging auch dieser Punkt an das Handy aus dem Hause Google. Gründe dafür waren ähnliche wie auch am Tag. Die Aufnahmen hatten Probleme mit der Schärfe am Bildrand und mit dem Weißabgleich. Wie schaut es nun ein Jahr später aus? Das folgende Bilderpaar fasst das für mich ausgezeichnet zusammen:

Schon auf der Vorschau erkennt man hier zwei ziemlich unterschiedliche Bilder. Zunächst will ich eure Aufmerksamkeit auf die Schärfe am Rand des Bildes lenken. Wie erwähnt, hatte Xiaomi hier lange Probleme. Vermutlich wegen des sehr großen Sensors. Schauen wir uns aber die aktuelle Aufnahme des Mi 11 Ultra an, schneidet sie hier eindeutig besser ab als das Pixel 7 Pro:

Weiter geht es mit der Lichtverarbeitung. Ich glaube, hier muss ich nicht viel mehr sagen als “DHL Schild”. Was bei Google ein wildes Überblenden ist, ist bei Xiaomi perfekt belichtet. Gleiches gilt für die Straßenlampe rechts neben dem Schild. Als Nächstes zum Rauschen. Hier hat Google schon bedeutend besser abgeschnitten als zuletzt das iPhone 14 Pro (zum Kameravergleich). Das Mi 11 Ultra legt dann noch eine Schippe darauf. Schön zu sehen am Fenster in der oberen rechten Ecke oder der Fensterzeile oben links. Bei Google versinkt die in Rauschen, auf dem Mi 11 Ultra sind noch einzelne Ziegel zu erkennen. Zuletzt noch zur Farbgebung: Ein guter Indikator ist hier immer wieder Beton, Grau ist eine erstaunlich schwer korrekt darzustellende Farbe :). Schauen wir uns das auf der Pixel Aufnahme etwas genauer an, sehen wir einen starken Grünstich. Da ist das Foto des Xiaomi Phones deutlich näher an der Realität dran.

Bevor das hier zu reinen Xiaomi Lobeshymnie verkommt: Beim Himmel hat das Mi 11 Ultra so seine Probleme. Google schafft es hier konstant schöne Schwarztöne zu liefern. Xiaomi nicht ganz. Angeführt sei hier das letzte Bilderpaar, Xiaomi stellt zwar Teile des Daches dar, die in der Google Aufnahme komplett verloren gehen, dafür sind Teile des Himmels nicht perfekt schwarz. Eine Kleinigkeit.

Insgesamt bin ich ehrlich gesagt schockiert, was das Xiaomi Mi 11 Ultra hier mit dem Google Pixel 7 Pro anstellt. Chapeau an das Softwaredepartement bei Xiaomi, das Mi 11 Ultra hat sich im wahrsten Sinne des Wortes zurückgekämpft und schlägt auch in dieser Kategorie das Pixel 7 Pro und das ehrlich gesagt mit ziemlichem Abstand. Hier zeigt sich, wie viel mit dem riesigen Samsung GN2 möglich ist, wenn die Software gut darauf abgestimmt ist.

Ultraweitwinkel Aufnahmen

Der Blickwinkel des Xiaomi Mi 11 Ultra mag auf dem Papier nur wenige Grad größer sein als der des Google Pixel 7 Pro, in der Praxis macht das aber einen sichtbaren Unterschied. Das Mi 11 Ultra fängt einen größeren Bildausschnitt ein, hat dafür aber etwas Probleme die Schärfe der Bilder bis in die Ecken zu halten. Die Schärfe der Bilder ist so in der Mitte des Bildes im besten Fall ähnlich zu der des Google Pixel 7 Pro, an den Rändern dann aber deutlich geringer. Ein Blick auf das Bilderpaar 2 bringt ein weiteres Problem mit der UWW des Mi 11 Ultra ans Licht. Die gelobten Charakteristika der Hauptkamera-Bilder bleiben großteils erhalten, der Weißabgleich ist aber ein gutes Stück wärmer. Da empfinde ich das insgesamt kühlere Bild des Pixel 7 Pro stimmiger. In Bilderpaar 3 geht es mit den Problemen weiter, hier bekommt Xiaomi die Belichtung des Rasens und des Gebäudes auf der linken Seite nicht in den Griff.

Schwindet das Licht, fallen die Google Aufnahmen dann langsam auseinander und Xiaomi profitiert vom größeren, höher auflösenden Sensor des Mi 11 Ultra. Das fängt mit etwas mehr Details, weniger ausgefransten Kanten und einer einfach höheren Schärfe im ersten Bilderpaar bei Nacht an. Im nächsten Bilderpaar kommen klarere Texturen und eine differenzierte Lichtwiedergabe dazu. Im letzten Bilderpaar macht Xiaomi dann ziemlich Kleinholz aus der Google Aufnahme. Während da Mi 11 Ultra hier noch eine völlig passable Aufnahme hinlegt, verschwimmt die Aufnahme des Pixel 7 Pro in Rauschen.

Eine ziemlich zweigeteilte Angelegenheit ist die UWW der beiden Smartphones. Bei Nacht gewinnt Xiaomi eindeutig, bei Tag hat Google die Nase klar vorn. Diesen Punkt vergeben wir an das Pixel 7 Pro, weil die Performance am Tag schlicht öfter gebraucht wird als bei Nacht.

Zoomkamera

Die Zoomkameras von Google Pixel 7 Pro und Xiaomi Mi 11 Ultra setzen beide auf eine Auflösung von 48 Megapixel und eine fünffache Zoomstufe. Beim direkten Vergleich fällt besonders die unterschiedliche Farbgebung der Bilder auf. Dieses Mal ist es Google, das zu deutlich wärmeren Bildern neigt. Für mich wirkt die Farbgebung des Xiaomi Mi 11 Ultra stimmiger. Außerdem ist die Schärfe etwas höher und Details so besser sichtbar.

Bei Nacht sieht die Sache etwas verzwickt aus. Xiaomi kann im ersten Bilderpaar bei Nacht mit einer höheren Detailaufnahme glänzen, zudem überblenden die Lichter weniger. Allerdings setzt sich der gute Eindruck nicht fort, beziehungsweise Google schlägt sich in den anderen Aufnahmen besser.

In dritten nächtlichen Bilderpaar fällt die Xiaomi Aufnahme völlig auseinander. Schwammige Farben, Rauschen über Rauschen und kein schwarzer Himmel. Da liegt Google in allen relevanten Punkten weit vorn. Insgesamt hat bei der Zoom-Kamera mal das Pixel die Nase vorn, mal das Mi 11 Ultra. Wir vergeben hier ein Unentschieden.

Portraitmodus

Der größte Unterschied zwischen den Portraitaufnahmen von Xiaomi Mi 11 Ultra und Google Pixel 7 Pro ist die Farbgebung im Vordergrund. Auf unseren zwei Bilderpaaren also in den Gesichtern der fotografierten Personen. Google macht seinen Job meiner Meinung nach besser. Die Xiaomi Aufnahmen wirken sehr bleich, fast schon kränklich. Dann lieber die kräftigeren Farben des Google Pixel 7 Pro. Bei der Abgrenzung zwischen Vorder- und Hintergrund schlagen sich beide Smartphones gut, Google hat hier die Nase aber auch hier vorn, wenn auch nur minimal. Insgesamt geht dieser Punkt damit an das Google Pixel 7 Pro.

Selfie Aufnahmen

Bei den Selfie-Aufnahmen liegt das Xiaomi Mi 11 Ultra dann wieder vorn. Der Unschärfe-Effekt im Hintergrund dient als natürlicher Portraitmodus und macht wirklich einiges her!  Außerdem verhält es sich hier genau andersherum mit der Gesichtsfarbe von Jonas. Xiaomi arbeitet die gekonnt heraus, während bei Google anscheinend kaum etwas bearbeitet wird. Bei den Details hat Google erneut das Nachsehen, Xiaomi holt schlicht viel mehr raus aus seiner deutlich hochauflösenderen Kamera.

Einschätzung

Nach dem letztjährigen Sieg des Pixel 6 Pro über das Xiaomi Mi 11 Ultra, kämpft der Dauerbrenner sich in diesem Jahr zurück. Das mag zunächst komisch klingen, aber warum auch nicht. Xiaomi setzt mit dem Samsung GN2 auf den größeren und neueren Sensor als das Pixel 7 Pro mit seinem Samsung GN1. Stimmt die Software, ist der GN2 schlicht der bessere Sensor. Und die Software stimmt.

Xiaomi hat an den richtigen Reglern gedreht und holt nun einiges mehr raus aus der Hauptkamera des Mi 11 Ultra als noch letztes Jahr. Bei den sekundären Sensoren kann man das so nicht sagen. Xiaomi kann zwar mit seiner Nachtperformance der UWW ordentlich punkten, ansonsten ist Google mit dem Pixel 7 Pro hier aber ebenbürtig oder überlegen. Mit den Selfieaufnahmen hat Xiaomi aber noch ein Ass im Ärmel, weil man das rückwärtige Display verwenden kann. Insgesamt geht dieser Sieg für die überragende Performance mit der Hauptkamera bei Tag und Nacht an das ältere Flaggschiff. Glückwunsch an das Xiaomi Mi 11 Ultra!