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FLSUN T1 Delta Highspeed 3D-Drucker im Test

Getestet von Nicolas Henke am
Vorteile
  • einfach und komfortabel in der Bedienung
  • sehr schneller Drucker
  • geschlossener Bauraum
  • Hochtemperatur Hotend
  • große Materialvielfalt
  • Fernüberwachung via Kamera
Nachteile
  • extrem lauter Bauteillüfter
  • wenig Druckprofile
  • zum Teil noch Bugs in der Software
  • zeitintensiver Zusammenbau mit vielen Einzelteilen
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Am 21. Juli 2024 hat die Firma FLSUN den FLSUN T1 Delta-3D-Drucker auf den Markt gebracht. Dabei handelt es sich um den kleinen Bruder des aktuellen Flaggschiff-3D-Druckers, den FLSUN S1. Mit einer Geschwindigkeit von 1000mm/s und 30000mm/s² Beschleunigung ist der FLSUN T1 noch etwas langsamer als das Flaggschiff und lässt trotzdem die Konkurrenz links liegen und setzt in diesem Preissegment einen neuen Standard für Druckgeschwindigkeit. Für aktuell 659€ direkt bei FLSUN kann sich die Performance sehen lassen.

FLSUN T1 Start

Lieferumfang und Aufbau

Der FLSUN T1 erreichte mich, wie könnte es anders sein, ordentlich verpackt. In dem Karton, der seine Reise unversehrt in meinem Wohnzimmer beenden durfte, waren alle benötigten Komponenten für den Aufbau des T1 enthalten. Das waren vor allem viele, viele Einzelteile. Neben den eigentlichen 3D-Drucker-Bauteilen wurde noch folgendes Zubehör mitgeliefert:

  • Die obligatorischen 3-5m PLA-Filament (in diesem Fall weiß)
  • 1x 0,4 mm Ersatzdüse + Maulschlüssel für den Tausch
  • 1x kleiner Satz Inbusschlüssel, 1x Maulschlüssel
  • 1x Nadel zur Beseitigung von Verstopfungen in der Düse
  • 1x Pneumatik Verbinder, 40mm Bowdenschlauch
  • 1x USB-Stick 16GB inkl. Softwarepaket FLSUN Slicer und Anleitung zum Aufbau als PDF
  • 1x Klebestick, 1x Schmierfett (beides lieferte FLSUN wortlos 1 Woche nach Eintreffen des Druckers in einem kleinen Paket. Ich wunderte mich schon, wofür in der Zubehör-Box noch Platz gelassen wurde.)

Der Aufbau des FLSUN T1 ist in der Anleitung verständlich erklärt und dennoch sind eine Menge Handgriffe zu erledigen, bis ein einsatzbereiter T1 vor einem steht. Die Montage meines FLSUN T1 hat mich ungefähr 2,5 Stunden gekostet, was schon ein Negativ-Rekord sein könnte, aber irgendwo muss der Rotstift angelegt werden, wenn man einen Drucker wie den T1 für 659€ verkaufen möchte.

Wenn man alles richtig montiert hat, sollte ein Turm von ca. 84cm Höhe und einer Grundfläche von 45x49cm vor einem stehen. Der große Raumbedarf in der Höhe ist ein klassisches Merkmal von Delta-3D-Druckern. Die drei Arme, die den Druckkopf halten, werden jeweils von einem Motor entlang einer Linearführung auf und ab bewegt. Im Zusammenspiel der drei Motoren resultieren daraus Bewegungen des Druckkopfes in X-, Y- und Z-Richtung. Zusammen mit dem verhältnismäßig leichten Druckkopf ergibt sich eine hohe maximale Beschleunigung und Geschwindigkeit.

Hardware

Der FLSUN T1 bringt eine Menge Features mit. Die hohen Geschwindigkeiten beim Drucken erfordern eine äußerst gute Bauteilkühlung, damit die zuvor abgelegten Layer fest werden, bevor die nächste Schicht von der Düse aufgebracht wird.

Um das zu erreichen, setzt FLSUN auf einen CPAP-Fan. Dieser große Radiallüfter, wie er in einem Handstaubsauger verbaut sein könnte, erzeugt bei einer Drehzahl von max. 30000U/min einen sehr starken Luftstrom und kühlt zuverlässig das Bauteil. Aufgrund seiner Größe sitzt er nicht am Druckkopf, sondern an der Oberseite des 3D-Druckergehäuses. Über einen Schlauch wird die Luft dann zum Hotend geleitet.

Der wirkungsvolle Lüfter ist zugleich auch mein größter Kritikpunkt. Die enorme Drehzahl des Lüfters erzeugt auch einen extremen Geräuschpegel – wie ein Staubsauger eben. Für Maker, die auf engem Raum werkeln und gleichzeitig arbeiten wollen oder müssen, kann das schnell zum Ausschlusskriterium werden. Ich selbst habe für die Tests den Drucker bei der Arbeit in einem ungenutzten Raum aufgestellt, da es in meiner Mietwohnung für die Nachbarn zu störend gewesen wäre, wenn der Drucker mit voller Lüfterdrehzahl arbeitet.

Zu der weiteren Ausstattung, die der FLSUN T1 mitbringt, gehören ein 260mm kreisrundes Druckbett mit PEI-Beschichteter Federstahl-Druckoberfläche. Die maximale Druckhöhe beträgt 330mm, aber Achtung, das gilt nur in der Mitte, nach außen nimmt die maximale Höhe bedingt durch das Delta-Prinzip etwas ab. Das Heizbett schafft eine Temperatur von ca. 110°C. Das Hochtemperatur-Hotend erreicht eine maximale Temperatur von 300°C. Ein Dual-Gear Direct Extruder sorgt mit 78N für einen kräftigen Vorschub des Filaments.

Über dem Druckkopf ist durch das Bauprinzip eines Delta-3D-Druckers ein recht großer Freiraum. FLSUN nutzt diesen Freiraum für die Filament Halterung. Durch diese Tatsache wird das Filament quasi mitgeheizt, wenn der 3D-Drucker in Betrieb ist. Das könnte eine trocknende Wirkung auf das Filament und damit einen positiven Einfluss auf die Druckqualität haben.

Der Bauraum erreicht im geschlossenen Zustand durch die passive Aufheizung über das Heizbett eine Temperatur von ca. 50 °C, damit können auch anspruchsvollere Materialien ohne Warping gedruckt werden. Beim Drucken von PLA habe ich die Fronttür offengelassen und den Gehäuselüfter eingeschaltet, um die Temperatur im Bauraum zu senken.

Ein HEPA und Aktivkohlefilter sorgt für eine Verringerung der Geruchs- und Schadstoffbelastung beim Drucken von ABS und anderen kritischen Filamenten.

Den nötigen Strom für das Gerät liefert ein 450W Netzteil. Wie die meisten Geräte am Markt verfügt der FLSUN T1 über einen Filament Sensor und eine Powerloss-Resume Funktion. Per WLAN kann der 3D-Drucker ins Heimnetzwerk eingebunden werden. Auch eine Kamera ist mit an Bord und ermöglicht im Zusammenspiel mit Klipper und dem FLSUN Slicer (auch der Orcaslicer funktioniert) eine Überwachung des aktuellen Druckes. Über den 4,3 Zoll (10,92 cm) großen Touchscreen kann der Drucker ebenso bedient werden. Seltsamerweise kann die Timelapsfunktion nur über den Touchscreen beim Starten eines Druckes angewählt werden, eine entsprechende Funktion ist Remote über den Slicer nicht aktivierbar. Die entstandenen Aufnahmen können auch ausschließlich am Touchscreen vom 3D-Drucker auf einen USB-Stick kopiert werden. Das hat faktisch aber nur mit den bereits vordefinierten Beispiel-Gcodes funktioniert, bei dem Versuch bei anderen Drucken Timelapsvideos zu erzeugen, scheiterte ich jedes Mal beim Herunterladen der Dateien. Angeblich werden sie auf den Speicherstick kopiert, aber auf dem Stick war nichts auffindbar. Hier muss FLSUN in der Software nachlegen, um die Möglichkeiten, die der FLSUN T1 bietet, auch ausschöpfen zu können.

Für einen perfekten ersten Layer sorgt das Autoleveling. Über einen zweifachen Durchlauf des Leveling-Grids (also das Abtasten mehrerer Punkte auf dem Hotbed) wird die erste Schicht so gleichmäßig, dass es bei keinem Druck zu Problemen mit der Haftung am Druckbett kam.

Betrieb

Bei der ersten Inbetriebnahme des FLSUN T1 werden wir zunächst aufgefordert, die gewünschte Systemsprache zu wählen. Ich habe mich für Englisch entschieden. Bevor nun der erste Druck gestartet werden kann, sollte das Autoleveling gestartet werden. Der Prozess dauert gute 5 Minuten, dafür ist das Ergebnis aber auch hervorragend. Ist dieser Schritt erledigt, starten wir das Input Shaping/Vibrationskompensation. Dabei bringt der 3D-Drucker den Druckkopf gezielt in schnelle Bewegung. Die Vibrationen werden mittels eines Sensors gemessen und ein Algorithmus errechnet Korrekturwerte, die ein Überschwingen des Druckkopfes während schneller Bewegungen verhindern sollen. Diese Technik war der Durchbruch für die Entwicklung so schneller 3D-Drucker und ist immer wieder erstaunlich mit anzusehen.

Da wir jetzt alle Vorbereitungen getroffen haben, kann es mit dem ersten Druck losgehen. Na ja, fast. Wir wechseln schnell in das Einstellungsmenü auf den Reiter „Control“. Hier kann per Knopfdruck Filament geladen und entladen werden. Beim Beladen heizt das Hotend automatisch auf 240 °C bevor der Extruder Motor anfängt, sich zu drehen. Das schwarze PLA Filament für unseren ersten Druck haben wir in das kurze Stückchen PTFE-Schlauch eingeführt. Nach kurzer Aufheizphase zieht der Extruder das Material ein und es tritt wenig später aus der Düse aus. Ladevorgang beendet, los geht es mit dem ersten Druck!

FLSUN hat sich nicht lumpen lassen und liefert das obligatorische 3D-Benchy Boot, welches sich in der Szene der Highspeed Drucker als DAS Testobjekt für schnelle Drucker gemausert hat, direkt mit. Auf dem Touchscreen ist ein kleines Vorschaubild zu sehen. Die geschätzte Druckzeit 10 Minuten – das muss getestet werden. Vor jedem Druck kann ausgewählt werden, ob ein Leveling oder eine Vibrationskompensation durchgeführt werden soll oder ob für den Druck ein Timelapsvideo erzeugt werden soll.

Meistens ist weder ein Leveling noch eine erneute Ermittlung der Vibrationskompensation nötig, aber es schadet definitiv nicht, die Optionen zu haben. Ein weiterer Klick und der FLSUN T1 legt los.

FLSUN T1 Betrieb 13Und nach 9 Minuten und 28 Sekunden steht ein schwarzes 3D-Benchy Boot auf dem Druckbett. Druckqualität ziemlich gut, kein Stringing zu erkennen – das gefällt! Aber laut war es und das weiß auch FLSUN und daher ist, bereits als fertiger Gcode, ein Silencer im Speicher des Druckers hinterlegt. Das wird dann der zweite Druck!

Wenn man von der Geräuschkulisse, die auch mit Silencer auf dem Lufteintritt sehr laut ist, mal absieht, macht der Umgang mit dem Drucker Freude. Eigens vorbereitete Gcodes können entweder mit dem mitgelieferten 16 GB USB-Stick auf den Drucker gespielt oder direkt vom Stick gedruckt oder noch bequemer, direkt nach dem Slicen über die drahtlose Verbindung an den Drucker gesendet werden. Zum Starten des Druckes bin ich dann aber doch lieber direkt vor der Maschine. Während der Aufheizphase fällt gerne etwas Filament aus der Düse auf das Druckbett. Hier könnt FLSUN eine Reinigungsroutine nachliefern, die Abhilfe schafft. Aber beim FLSUN T1 meckern wir auf hohem Niveau.

Druckqualität

Nach dem anfänglichen Schreck über die Lautstärke des Bauteilkühlers hat mich der FLSUN T1 dann mit einer wirklich erstklassigen Druckqualität begeistert. Dabei möchte ich hervorheben, dass ich bei allen meinen Testdrucken nur einen Fehldruck und vielleicht 2 qualitativ schlechte Druckergebnisse hatte. Schwierigkeiten hatte der FLSUN T1 beim Bridging, was zu einer sehr unschönen Unterseite am oberen Plateau des “Ultimate Torture Tests” führte.

FLSUN T1 Druckqualitaet 5

Bei dem Fehldruck handelte es sich um das Spiral Hourglass auf thingiverse.com. Durch die hohe Druckgeschwindigkeit des FLSUN T1 sind sehr filigrane Passagen ohne Support eine Herausforderung. Trotz der exzellenten Kühlung werden die untenliegenden Schichten nicht schnell genug fest, bevor der Drucker erneut an der gleichen Stelle Filament ablegt.

Der andere erwähnte Druck, eine Kochlöffelablage, die mir im Ergebnis nicht gefallen hat, zeigte eine sehr schlechte Qualität am Überhang. Die Ursache fand ich später heraus. Ich habe für fast alle Drucke das Standard-Setting für PLA mit 0,2 mm Schichthöhe genommen. Eine Einstellung in dem Profil reduziert an Überhängen die Druckgeschwindigkeit und das sehr drastisch. Im Falle der Löffelablage wurde von 400 mm/s auf ca. 40 mm/s abgebremst, wodurch dort viel mehr Wärme eingetragen wurde. Nach ein paar Anpassungen in dem Druckprofil habe ich im zweiten Versuch ein perfektes Ergebnis erlangt.

FLSUN T1 Druckqualitaet 3

Sehr beeindruckt hat mich die Maßhaltigkeit der Testdrucke. Der bekannte 20 mm Cube hat eine Abweichung von 0,05 mm bis maximal 0,1 mm. Mit dem FLSUN T1 ist das Drucken von passgenauen Teilen eine wahre Freude. Ich konnte den „Ultimate Torture Test“ vollständig mit dem Standardprofil drucken und alle Passungen mit Spalten von 0,6 mm bis 0,2 mm konnten ohne Probleme aus ihren Bohrungen entfernt werden. Da macht das Drucken von ganzen Sets von Bauteilen, die zusammengebaut werden müssen, richtig Spaß! Die Schwierigkeiten beim Bridging waren auf schlechte Parameter im Druckprofil zurückzuführen und ich konnte im weiteren Verlauf durch leichte Anpassungen gute Ergebnisse bei Überbrückungen erzielen.

Testergebnis

Getestet von
Nicolas Henke

FLSUN hat mit dem T1 ein wirklich gutes Gerät auf den Markt gebracht. In puncto Preis-Leistung schlägt sich der 3D-Drucker ausgezeichnet. Der Aufbau ist etwas langwieriger, aber dafür kennt man sein Gerät am Ende auch. Die Bedienung hat noch kleine softwareseitige Mängel, wie die nicht immer funktionierende Erzeugung von Timelapsvideos, aber im Großen und Ganzen kann man mit recht wenig Know-how sehr gute Druckergebnisse in kurzer Zeit erzielen. Rapid-Prototyping wird hier noch einmal ganz neu definiert. Die Geschwindigkeit, mit der eine komplett gefüllte Druckplatte in diesem Gerät fertiggestellt wird, ist wirklich Wahnsinn.

Mit einem Preis von aktuell 659€, der Einfachheit in der Bedienung, aber auch mit dem etwas langwierigeren Aufbau ist der FLSUN T1 für kleinere Unternehmen interessant, die in sehr kurzer Zeit viele Iterationen von Prototypen erstellen müssen. Doch auch Hobbyanwender, die ein wenig Erfahrung im Aufbau von 3D-Druckern haben und einen Highspeed Delta 3D-Drucker in Action sehen wollen, können mit dem Gerät glücklich werden. Zu beachten gibt es in beiden Fällen nur die immense Lautstärke.

Mindestens so gute Ergebnisse mit weniger Geräuschkulisse bieten aktuell die 3D-Drucker von BambuLab, wie der A1 Mini für Einsteiger oder der X1C für Fortgeschrittene. Diese sind allerdings ein Ticken langsamer.

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Jens
Gast
Jens (@guest_112182)
1 Monat her

Moin moin,
danke für deinen Bericht.
Momentan kämpfe ich noch mit den richtigen Geschwindigkeitseinstellung z.B. an Ecken und Übergängen.
Dein Fazit passt bestens: laut aber leider genial.
Kannst du bitte deine Änderungen am Druckprofil schreiben?
Würde mich sehr interessieren.

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