Brutto VS Netto – tatsächlich nutzbare Kapazität von Powerstations
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Wer schon eine Powerstation besitzt oder noch kaufen möchte, hat sicherlich viele Stunden vorher im Internet verbracht, um das richtige Produkt für seine Bedürfnisse zu finden. Es ist für Einsteiger gar nicht so leicht, die verschiedensten Funktionen zu verstehen und mit Begriffen wie Wattstunde (Wh) oder Leistung in Kilowatt (kW) zu hantieren. Noch verwirrender wird es, wenn man anfängt von Netto und Brutto Kapazität zu sprechen. Sind irgendwann alle Hürden gemeistert und eins der begehrten Produkte ausgewählt, erfolgt zu Hause natürlich schnell der erste Test. Nicht selten wundert man sich dann, warum die Powerstation das gewünschte Elektrogerät eine viel kürzere Zeit versorgen kann als man eigentlich erwartet hat.
Mit diesem Artikel wollen wir die tatsächlich nutzbare Kapazität von Powerstations ein wenig genauer unter die Lupe nehmen und euch aufzeigen, wie viel elektrische Energie bei der Ladung und Entladung verloren geht.
Nettokapazität und Bruttokapazität
Bei der Auswahl der passenden Powerstation schauen die meisten Nutzer als allererstes auf die verbaute Kapazität. So kommt beispielsweise die BLUETTI AC200P auf eine Kapazität von stattlichen 2000 Wh.
Zur AC200P bei Bluettipower.eu
Man sollte also annehmen, dass wir damit eine Glühlampe, die 100W verbraucht, gut 20 Stunden betreiben können. Leider ist diese Annahme falsch. In der Realität wird die Lampe nach etwa 16-17 Stunden ausgehen und die Powerstation wird sich mit 0 % Akku in den Ruhezustand begeben. Aber warum ist das eigentlich so? Alle Hersteller verkaufen ihre Powerstations mit Angabe der Bruttokapazität. Dabei handelt es sich um die Kapazität, die tatsächlich in der Powerstation verbaut ist. Aber bedauerlicherweise ist davon nicht alles nutzbar.
Die Sicherheitsreserve
Ein gewisser Prozentsatz muss als sogenannte Sicherheitsreserve eingeplant werden. Moderne Lithium Akkus vertragen es überhaupt nicht gut, wenn sie bis an ihre untere Grenze entladen werden. Unterschreitet die Spannung einen gewissen Wert, spricht man von einer Tiefentladung. Dies kann den Akku nachhaltig schädigen oder zum sofortigen Ausfall führen. Damit dies unter keinen Umständen passieren kann, plant der Hersteller 5-7 % Sicherheitsreserve ein. Dieser Prozentsatz verbleibt noch in den Akkus, ohne dass wir etwas davon mitbekommen. Selbst bei einer Akkuanzeige von 0 % ist diese Reserve immer noch vorhanden. Sie wird aus der Akkuanzeige meist einfach rausgerechnet. Somit bleiben von unseren 2000 Wh nur noch 1860-1900 Wh übrig, die wir verwenden können. Leider entspricht dies immer noch nicht unserer nutzbaren Nettokapazität.
Umwandlungsverluste reduzieren die Nettokapazität
Der verbaute Wechselrichter in der Powerstation arbeitet ebenfalls nicht verlustfrei. Wie hoch diese Verluste ausfallen, ist zum einen davon abhängig, ob wir die Spannung auf 230V Wechselspannung hochtransformieren oder auf 5V/12V Gleichspannung runtertransformieren. Die Umwandlungsverluste sind bei Gleichspannung etwas geringer. Das liegt daran, dass der interne Akku der Powerstation schon mit Gleichspannung arbeitet. Hier muss der Strom nicht aufwendig zum Sinussignal umgeformt werden. Gemittelt kann man aber von mindestens 5 % Verlust an Nettokapazität ausgehen. Schon bleiben von unseren ursprünglichen 2000 Wh abzüglich Sicherheitsreserve und Wandlerverlusten nur noch 1760 Wh übrig. Bedauerlicherweise sind wir aber immer noch nicht bei unserer nutzbaren Kapazität angekommen.
Verluste, die im Akku auftreten
Der Akku selbst inkl. Batterie Management System benötigt auch noch Energie. Durch die Bewegung elektrisch geladener Teilchen wird Energie umgesetzt und es entsteht Wärme im Akku. Hier werden nochmals bis zu 3 % verbraten. Damit schrumpfen unsere 1760 Wh nochmals um 60 Wh.
Die tatsächlich nutzbare Kapazität von Powerstations
Nun endlich haben wir die nutzbare Nettokapazität erreicht. Von unseren ursprünglichen 2000 Wh wurden 100-140 Wh als Sicherheitsreserve zurückgelassen, 100 Wh vom Wechselrichter verbraucht und 60 Wh im Akku verfeuert. Die Nettokapazität liegt somit lediglich bei rund 1700 Wh. Man kann davon ausgehen, dass bei einer Powerstation durchschnittlich nur 85 % der Bruttokapazität tatsächlich nutzbar sind. Dies sollte beim Kauf immer mit bedacht werden, wenn man ein bestimmtes Elektrogerät über eine Mindestzeit versorgen möchte. In unseren Testberichten der verschiedenen Powerstations führen wir immer entsprechende Tests durch, die euch aufzeigen, wie hoch die Verluste beim Entladen mit geringer und hoher Last wirklich sind. Wer sich genauer dafür interessiert, kann gerne noch mal in der Powerstation Testrubrik reinschauen. In den einzelnen Tests findet Ihr dann solche Graphen mit den Powerstations im jeweiligen Preisbereich, in denen ihr die nutzbare Kapazität auf einen Blick vergleichen könnt.
Kapazität und nutzbare EnergieLadeverluste bei Powerstations
Wir haben inzwischen herausgefunden, dass nicht die komplette Energie nutzbar ist, die uns vom Hersteller versprochen wird. Jetzt kommt zu allem Übel noch der Faktor Ladeverluste mit ins Spiel. Wir untersuchen dabei fiktiv die Bluetti EB70.
Dabei handelt es sich um eine mittlere Powerstation mit 716 Wh Kapazität. Wie wir bereits gelernt haben, sind davon nur etwa 85 % (609 Wh) nutzbar. Möchten wir diese Powerstation jetzt wieder voll laden, treten dabei rund 15 % Ladeverluste auf. Diese 15 % beziehen sich allerdings die Bruttokapazität. Rechnen wir die Sicherheitsreserve raus, die ja eigentlich nicht nachgeladen werden muss, müsste man die Ladeverluste eigentlich mit 20 % beziffern. Die Praxis hat aber gezeigt, dass 15 % der Bruttokapazität ein realistischer Wert sind, der einfacher zu merken ist. Das bedeutet, dass wir 823 Wh Energie aus unserem heimischen Netz oder mittels Solarmodul zur Verfügung stellen müssen, um den Akku wieder komplett zu füllen. Noch abstruser wird dieses Rechenbeispiel, wenn wir uns die absoluten Zahlen anschauen. Wir müssen 823 Wh Energie aufwenden, um letztendlich 609 Wh mit unserer Powerstation nutzen zu können. Das bedeutet, dass 26 % der Energie letztendlich in Wärme umgewandelt werden. Bei der oben bereits erwähnten Bluetti AC200P wird dieser Faktor noch deutlicher. Hier werden 2300 Wh Energie benötigt, um 1700 Wh nutzen zu können. Bei 100 Ladezyklen im Jahr werden hier 60 kWh Energie zusätzlich verbraucht. Wer seine Powerstation über Solarpanels auflädt, wird von der zusätzlich benötigten Energie kaum etwas mitbekommen, da sich nur die Ladezeiten erhöhen. Nutzt man allerdings die heimische Steckdose, weil sich beispielsweise eine große PV Anlage auf dem Dach befindet, sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass hier nicht unerhebliche Mengen an Energie in Wärme umgewandelt werden. Es kann in solchen Fällen durchaus Sinn ergeben, die Geräte direkt über das Netz zu versorgen, anstatt die hohen Wandlungsverluste in Kauf zu nehmen, nur weil man die Energie irgendwie speichern möchte.
Brutto VS Netto: ein Fazit
Wie man in unserem kleinen Artikel sehen kann, liegen zwischen den Herstellerangaben und der tatsächlich nutzbaren Kapazität von Powerstations nicht unerhebliche Differenzen. Damit klärt sich auch die Frage, warum die Powerstation schneller leer ist, als es die Berechnung eigentlich vermuten lässt. Wer dies alles beachtet, wird mit der Planung der entsprechenden Powerstation für sein Projekt weniger Probleme bekommen. Die dazugehörigen Ladeverluste verdeutlichen, dass es meist besser ist, die Energie direkt zu nutzen, wenn es denn nur irgendwie geht. Natürlich haben die Powerstations trotzdem ihre Daseinsberechtigung. Nicht überall steht eine Steckdose zur Verfügung und jede gespeicherte Kilowattstunde aus Sonnenenergie ist immer noch besser als nichts zu erzeugen und später das heimische Stromnetz zu belasten.
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