Blackmagic Camera: Android-App mit massig Videofunktionen im Test!
Inhaltsverzeichnis
Das australische Tech-Unternehmen Blackmagic Design feiert seit Jahren große Erfolge mit verhältnismäßig günstigen digitalen Filmkameras und der Farb- und Videobearbeitungssoftware Davinci Resolve. Auch in den Bereichen Monitoring, Cloud und Signalverarbeitung ist das Unternehmen aktiv.
Mit der iOS- und Android-App Blackmagic Camera wollen die Australier das Erlebnis, mit einer professionellen Filmkamera zu drehen, auf euer Smartphone bringen. Das beginnt bei einem deutlich informativeren HUD und endet mit verschiedenen Codecs, Bildwiederholraten und anderen Bildparametern, die manuell eingestellt werden müssen. Die Anwendung ist für professionelle Anwender gedacht und bietet dementsprechend weitaus mehr Features als die integrierte Kamera-App auf meinem Smartphone.
App: Blackmagic Camera im Google Play Store
Ich habe die Blackmagic Camera also für einige Tage ausprobiert. Wie bei allen anderen Drittanbieterkameras für Android unterscheiden sich der Funktionsumfang und die zu erwartenden Resultate von Gerät zu Gerät. Ich habe die App auf meinem Google Pixel 9 Pro getestet – wenn ihr Infos zur Kompatibilität mit anderen Smartphones habt, schreibt uns das gerne in die Kommentare.
Grundfunktionen von Blackmagic Camera
Nach dem erstmaligen Öffnen begrüßt mich die Blackmagic Camera direkt mit dem Live View. Standardmäßig ist dieser unabhängig von der Ausrichtung eures Smartphones im Querformat – das Hochformat lässt sich in den Einstellungen bei Bedarf aktivieren.
Sofort fällt mir auf, wie viele Informationen direkt auf einem Blick dargestellt werden. Neben der Brennweite des Objektivs liefert die App die Bildwiederholrate, Verschlusszeit, Blende, ISO, Weißabgleich und Tint. Ebenfalls ohne weiteren Klick einsehbar sind die Audiopegel und das Histogramm.
Intuitiv klicke ich auf die Verschlusszeit, die standardmäßig automatisch angepasst wird. Dort kann ich innerhalb kürzester Zeit auf 1/50 Sekunde schalten – passend zu 24 oder 25 Bildern pro Sekunde – und die Verschlusszeit festsetzen. Damit haben wir den ersten wichtigen Punkt für eine gute Filmaufnahme bereits abgehakt: Die Verschlusszeit passt zur Bildwiederholrate, was für eine natürliche Bewegungsunschärfe sorgt.
Die Linsenauswahl macht was sie soll – bei meinem Google Pixel werden alle verbauten Kameras von der App unterstützt. Der Bildstabilisator kann einfach und ohne Umwege ein- und ausgeschaltet werden. Es gibt alle möglichen Gitterlinien und das Seitenverhältnis kann für ein besseres Verständnis des Bildaufbaus in der Vorschau an das gewünschte Endergebnisse angepasst werden.
Bereits der erste Bildschirm macht deutlich, wo die Reise hingehen soll. Blackmagic Design setzt auf eine sehr einfache Bedienung ohne unnötige Umwege, wodurch viele relevante Features sofort an die Umstände der jeweiligen Szene angepasst werden können. Die normale Kamera-App geht diesen Weg nicht, da sich dort beinahe alle Parameter im Automatikmodus befinden.
Ein erster Ausflug in die Einstellungen
Hier bietet die Blackmagic Camera erneut eine Vielzahl an Optionen. Das ist besonders beachtlich, weil die App ausschließlich Videoaufnahmen unterstützt. Genau dieser Fokus ergibt aber durchaus Sinn – die allermeisten professionellen Filmemacher sind keine großen Fans davon, mitten im Dreh gefragt zu werden, ob sie mal eben schnell ein Foto machen können. Welche zusätzlichen Optionen verstecken sich also in den Einstellungen?
Sehr umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten
Zu Beginn können wir uns zwischen den Codecs H.264 und H.265 entscheiden und die Bitrate festlegen. Mir stehen maximal 72 Mbit/s zur Verfügung. Die Auswahl der Auflösung ist wenig spannend, immerhin bietet sie nur die drei klassischen Optionen HD, Full HD und 4K. Der Farbraum entscheidet darüber, ob es sich um SDR- oder HDR-Inhalte handelt. Für HDR-Aufzeichnung müsst ihr BT2020 HLG10 auswählen. Es folgt die Einstellung der Timecode-Anzeige. Wenn es zu Frameverlusten auf dem Medium kommt, kann entweder eine Warnung angezeigt oder die Aufnahme automatisch beendet werden.
App: Blackmagic Camera im Google Play Store
Danach folgt ein Block mit Optionen zum User Interface. Unter anderem sind das Starten der Aufzeichnung mit der Lautstärketaste, das Fixieren des Weißabgleichs beim Filmen, ein Streich nach rechts, um den Bildschirm zu dimmen und das Anpassen der Einheit des Verschlusswerts aufgelistet. Die folgenden Unterpunkte beziehen sich auf Einstellungen der Kamera, unter anderem Objektivkorrektur, Entrauschen und anamorphe Entzerrung.
Es folgt ein Block zu Audio – Quelle, Mono oder Stereo, Abtastrate – solche Sachen eben. Das Monitoring nimmt in den Einstellungen der Blackmagic Camera einen angenehm großen Bereich ein. Fokus Peaking mit diversen Anpassungsmöglichkeiten findet sich dort und sogar Einstellungen für die HDMI-Ausgabe zur Verwendung mit einem externen Monitor oder externen Aufnahmegerät sind vorhanden.
Schlussendlich stehen Optionen zur Aufzeichnung von Proxys, der Dateinamenkonvention und LUTs zur Verfügung. Damit bietet die App beinahe alles, was ich von einer professionellen Kamera erwarten würde. Dank Clean Feed über HDMI, Timecode und manuellen Kameraeinstellungen steht der Verwendung eines Smartphones im professionellen Umfeld eigentlich nichts mehr im Wege.
Kann die Aufnahmequalität überzeugen?
Ein kurzer Einschub zu Kamera-Apps von Drittanbietern auf Android
Hier muss ich eingangs erwähnen, dass ein halbwegs mit der Google Kamera vergleichbares Ergebnis beinahe einen Sieg für die Blackmagic Camera bedeuten würde. In vielen Fällen ist die Qualität der Videos bei Drittanbieteranwendungen nicht mit der vorinstallierten App vergleichbar. Das liegt unter anderem daran, dass die Verarbeitung durch die Software einen hohen Anteil am “Look” einer Smartphone-Kamera hat und dieser Aspekt bei Apps von Drittanbietern verloren geht. Die Apps greifen direkt auf den Kamera-Feed zu und sind dann selbst für die Verarbeitung zuständig.
Bei Fotos ist das ebenso gut zu beobachten – zum Beispiel in Social Media-Apps. Jedes noch so unbedeutende Feature einer Smartphone-Kamera, das eine App wie Snapchat nativ unterstützt, wird vom jeweiligen Hersteller wie Weihnachten gefeiert. Die Ausgangslage ist denkbar schlecht. Es lässt sich zweifelsfrei feststellen, dass ich mit eher niedrigen Ansprüchen in diesen Test gestartet bin.
Blackmagic Camera vs. GCam – der Vergleich auf dem Google Pixel 9 Pro
Für den folgenden Vergleich verwende ich die bei mir vorinstallierte Kamera-App im Automatikmodus. Diese Spezifikation ist übrigens hinfällig, denn die Google Kamera bietet auf dem Pixel 9 Pro im Videomodus überhaupt keine manuellen Einstellungen. Ich wähle 30 Bilder pro Sekunde und entscheide mich für den SDR-Farbraum.
Auf der anderen Seite steht die Blackmagic Camera, bei der ich für jede Szene nach bestem Wissen und Gewissen alle Einstellungen manuell vornehme. Auch hier verwenden wir den SDR-Farbraum und 30 Bilder pro Sekunde. Allerdings versuche ich so gut es möglich ist die 90 Grad Shutter-Regel einzuhalten und die Belichtung anhand des Histogramms manuell einzustellen. Auf einen Vergleich der Audioaufnahmen verzichte ich.
Meine Einschätzung zur Blackmagic Camera für Android
Insgesamt richtet sich die Blackmagic Camera an Enthusiasten und Professionelle, die ihr Smartphone in einen bestehenden Workflow einbinden möchten. Dank der LUT-Unterstützung können die Farben und Kontraste zumindest rudimentär an eine andere Kamera angeglichen werden und die Belichtung sollte dank der vielen Einstellungen und HUD-Elemente ebenfalls treffsicher vonstattengehen. Für “Point and Shoot” ist die App ungeeignet, obwohl sie dank verschiedener Automatikmodi grundsätzlich fit dafür ist.
App: Blackmagic Camera im Google Play Store
Für diese Art der Aufzeichnung werde ich allerdings weiterhin auf die vorinstallierte Kamera-App auf meinem Smartphone zurückgreifen. Und in meinem Fall könnte ich beinahe alle Aufnahmesituationen als “Point and Shoot” beschrieben, weswegen ich für die Blackmagic Camera kein Einsatzgebiet habe. Deswegen habe ich sie deinstalliert, werde aber möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf sie zurückgreifen. Auf einem geplanten Dreh sind die einfachen manuellen Einstellungen und umfassenden Optionen ein absoluter Segen.
Die Aufnahmequalität konnte mich nicht vollständig überzeugen. Damit habe ich aber bereits gerechnet. Drittanbieter-Apps müssen auf einen Stream des Signalprozessors (ISP) zurückgreifen. Da beinahe alle Anwendungen diesen Umweg gehen, ist die Qualität oft dramatisch schlechter als bei der vorinstallierten Kamera-App. Mit Root-Zugriff gibt es über Umwege eine Möglichkeit, auf den rohen Stream der Kamera zuzugreifen und daraus Videodateien zu erzeugen. Diese Möglichkeit bietet Blackmagic Camera nicht.
Dadurch haben die Aufnahmen zwar einen stabilen Weißabgleich, die zumeist gewünschte Menge an Bewegungsunschärfe, die Bildstabilisierung und eine konstante Belichtung – kommen insgesamt aber trotzdem nicht an die Videos der Google-Kamera heran. Die Rauschreduzierung produziert Artefakte und wirklich fortgeschrittene Optionen wie Open Gate-Aufzeichnung, echter logarithmischer Output und RAW-Video werden nicht unterstützt. Außerdem scheint es einen nicht abwählbaren Crop-Faktor zu geben, der stärker ist, als bei der integrierten Kamera-Anwendung.
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Auch hier verwenden wir den SDR-Farbraum und 30 Bilder pro Sekunde. Allerdings versuche ich so gut es möglich ist die 90 Grad Shutter-Regel einzuhalten und die Belichtung anhand des Histogramms manuell einzustellen. Ihr meint hier vermutlich die 180° Regel? In einer analogen Filmkamera wird der Shutter durch eine Scheibe realisiert, die Grad-Zahl gibt dabei an, wie viel der Scheibe ausgespart ist; 180° ist entsprechend die Hälfte, 90° wären ein Viertel, und 360° entspricht effektiv dem Weglassen der Scheibe. Daher kommt übrigens auch der Begriff “Rolling Shutter”, auch wenn er heute infam für die CMOS Auslesefrequenz genutzt wird. Jedenfalls bleibt durch… Weiterlesen »
Bekommt man damit den Fokus Bug weg ? Hab irgendwie immer noch Hoffnung.
Jo macht doch mal nen Artikel über MotionCam. Im Gegensatz zur bm camera app und allen anderen android kamera apps kann mc in raw filmen und das in echtzeit auf der gpu debayern und encoden. die app braucht dringend mehr bekanntheit. die bm app nicht.
Leider sagt der Playstore beim Honor Magic 5Pro und beim Oppo Find X2Pro: Dieses Smartphone ist nicht mit der App kompatibel
Hier wäre es ja sehr interessant, was die App aus schlecht optimierten Smartphones/schlechten Kamerasensoren (z.B. in der 99€ Preisklasse) rausholen kann.
Das habe ich vor kurzem mit meinem alten Ulefone Armor X7 ausprobiert, welches eine dem Preis angemessen-miserable Kamera sein Eigen nennt. Egal, welche Drittanbieter-Software hier zum Einsatz kam, im Endeffekt blieb die Qualität stets besch … eiden. Aus einem bereits räudig ausgegeben ISP kann eben keine noch so gute Software vernünftige Bilder zaubern.