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Der neuste Trend im 3D-Druck? Geschwindigkeit! Nachdem der AnkerMake M5 (zum Test) sich mit einer Druckgeschwindigkeit von 250mm/s deutlich über die bisher üblichen Geschwindigkeiten hinweg gesetzt hat, werden 3D-Drucker immer schneller. Zuletzt hatten wir mit dem QIDI X-Plus (zum Test) sogar einen noch mal doppelt so schnellen Drucker im Test. Mit dem Anycubic Kobra 2 hält dieser Trend nun auch ein Preissegment tiefer Einzug. Auf dem Papier liest sich die Ausstattung des Kobra 2, mit Auto-Leveling, direct drive Extruder und einer Druckgeschwindigkeit von bis zu 250mm/s sehr ordentlich – und das bei einem Preis von 300€. Schauen wir uns also mal an, wie sich der Budget-Schnell-Drucker in der Praxis schlägt!
Lieferumfang und Aufbau
Der Anycubic Kobra 2 wird als vormontierter Bausatz geliefert. Wie inzwischen üblich müsst ihr euch auch als absolute 3D-Druck Anfänger keine Sorge vor der Inbetriebnahme des Druckers machen. Die von Anycubic angegebenen 10 Minuten sind zwar nicht ganz realistisch, aber selbst mit doppelter Überprüfung jedes Arbeitsschritts seid ihr in unter einer Stunde mit dem Aufbau fertig. Das dafür benötigte Werkzeug schickt euch Anycubic gleich mit. Dazu liegt eine englische Anleitung bei, die euch Schritt für Schritt erklärt, was wann zu tun ist. Insgesamt rüstet euch Anycubic mit folgenden Gegenständen rund um den Kobra 2 aus:
- Drucker (Basisplatte, Gestell, Druckkopf, Filamenthalter und Display)
- Werkzeug (L Schlüssel + Maulschlüssel, microSD Karte + USB Adapter)
- Ersatzteile und Zubehör (Ersatzdüse, Kabelhalterungen, Silikonschlauch)
Design
Fertig aufgebaut sieht der Anycubic Kobra 2 aus wie praktisch alle Drucker in diesem Preisbereich. Der Grundaufbau besteht aus Aluprofilen, unter der Druckplatte sitzt das Netzteil und das Mainboard. Zwei Sachen fallen dann aber leider etwas negativ auf: Anycubic nutzt viel Plastik. Der obere Träger des Rahmens ist eine Kunststoffkonstruktion, die Ummantelung des Displays und die Riemenspanner bestehen ebenfalls aus Kunststoff. Das Gleiche gilt für den Filamenthalter. Dieser ist nicht nur völlig überdimensioniert, sondern auch noch wackelig und durch seine ungünstige Positionierung ist der Drucker extrem breit.
Hardware des Anycubic Kobra 2
Der Anycubic Kobra 2 setzt auf einige generische Elemente, um die Kosten für den Drucker gering zu halten. Das spiegelt sich auch in recht klassischen Abmessungen für einen Einsteiger FDM-Drucker wider. Der Kobra 2 wiegt 8,4kg und misst 486 x 440 x 435 (HBT) Millimeter.
Druckbett
Das Druckbett des Anycubic Kobra 2 misst ziemlich klassische 220 x 220 Millimeter. Die maximale Druckhöhe liegt bei 250 Millimeter. Inzwischen hat sich PEI als Material der Wahl für die Beschichtung von mitgelieferten Druckplatten durchgesetzt. Auch Anycubic setzt auf PEI, aufgebracht auf eine Federstahlplatte und texturiert gefinisht. Solche Druckplatten haben sich inzwischen X-fach bewährt und auch hier macht die Platte einen exzellenten Job. Vor allem mit PLA ist der Halt auf dem Druckbett exzellent. Nach dem Abkühlen lassen sich die Druckobjekte zudem wunderbar entfernen. Wer lange Spaß mit der Druckplatte haben möchte, achtet darauf, sie vor dem Drucken regelmäßig mit Isopropanol zu reinigen und auf ausreichende Abkühlzeiten vor dem Entfernen fertig gedruckter Teile! Aufgeheizt auf 60°C ist die Druckplatte in 2-3 Minuten.
Display
Bedient wird der Anycubic Kobra 2 über ein 4,3 Zoll großes Touch-Display. Darüber können Einstellungen verändert werden, ihr könnt das Auto-Leveling starten oder euch um eure Drucke kümmern. Die Dateien dafür müssen per microSD Karte an den Drucker übermittelt werden. Die Bedienung des Displays ist super einfach gehalten und funktioniert zuverlässig.
Druckkopf
Der Druckkopf des Anycubic Kobra 2 wird über zwei Gewindespindeln in Z-Richtung bewegt. Nicht unüblich, der AnkerMake M5 macht das zum Beispiel auch so. Allerdings nutzt Anycubic für beide Spindeln nur einen Motor. Dieser dreht die linke Spindel, an deren Spitze ein Riemen die Bewegung auf die rechte Spindel überträgt. Somit spart Anycubic sich die Kosten für einen weiteren Servo, muss aber nicht auf die gesteigerte Präzision durch doppelte Führung in Z-Richtung verzichten – geschickt!
Um höhere Druckgeschwindigkeiten möglich zu machen, muss vor allem im Druckkopf einiges geupgraded werden. Anycubic wirbt mit einem verbessertem Kühlsystem und einem leistungsfähigerem Extruder. Dieser nimmt bis zu 60 Watt auf und heizt die Düse auf bis zu 260°C auf. Mit nur einem Lüfter und fast gerade nach unten zeigendem Luftauslass ist die Belüftung des Kobra 2 aber dann doch nicht in der gleichen Liga wie der AnkerMake M5.
Filamentführung
Anycubic legt einen Filamenthalter bei, der durch seine Positionierung und überdimensionale Größe nicht wirklich überzeugen kann. Von dort aus geht es für das Filament durch einen Filamentsensor, der das Ausbleiben von Filament erkennt. Leider hat sich immer noch nicht der Bewegungssensor, den wir aus dem Elegoo Neptune 3 (zum Test) kennen, durchgesetzt. Solche Sensoren können etwa auch das Verstopfen der Druckdüse erkennen. Nach dem Sensor folgt dann noch ein Stück Silikonröhre, durch welche das Filament bis zum Druckkopf geleitet wird.
Auto-Leveling
Anycubics Auto-Leveling hört auf den schmissigen Namen LeviQ 2.0 und funktioniert etwas anders, als wir es inzwischen von den meisten Druckern kennen. Zunächst fährt der Druckkopf einen neben dem Druckbett gelegenen Nullpunkt an. Diesen berührt er kurz mit der Düse, danach beginnt das eigentliche Leveling. Ein induktiver Sensor fährt 25 Punkte auf dem Druckbett an und erstellt daraus ein Mesh. Wer will, kann dann noch mit einem Blatt Papier den Z-Abstand anpassen und schon kann losgedruckt werden.
Ungünstigerweise ist das Verstellen des Z-Abstands nicht optimal gelöst. Im dafür vorgesehenen Modus fährt der Druckkopf die von ihm als 0 abgespeicherte Höhe an, nicht die neu manuell festgelegte Höhe. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich den Z-Abstand letzten Endes beim Drucken eingestellt habe. Geht auch, optimal ist das aber wirklich nicht.
Anycubic überlegt sich für das Leveling noch zwei Features. Vor dem Leveling wird die Düse und das Bett aufgeheizt – gut mitgedacht. Außerdem dient eine kleine Silikonfläche neben dem Nullpunkt zum Abwischen der Druckdüse, Filamentreste sollen die Messung nicht stören. Ein wirklicher Mehrwert dieses Gimmicks ergab sich im Test nicht.
Die Präzision des Auto-Levelings ist super. Unser Bed-Tes zeigt ein ausgesprochen gleichmäßiges Ergebnis!
An dieser Stelle sei zudem erwähnt, dass der Kobra 2 bei mir massive Probleme mit dem Auto-Leveling hatte. Zuerst betrug der Z-Abstand mehrere Zentimeter, dann gelang dem Druck irgendwann gar kein Auto-Leveling mehr. Nach Rücksprache mit einem Mitarbeiter wurde mir ein das Modul rund um den Nullpunkt und das Silikonpad neu zugeschickt. Damit war das Problem dann tatsächlich gelöst.
Software: PrusaSlicer für den Anycubic Kobra 2
Statt einer eigenen Cura Version, wie wir es von vielen chinesischen Herstellern kennen (lange auch von Anycubic) gibts zum Kobra 2 den PrusaSlicer dazu. Mit Version 2.5.0 liegt eine relativ aktuelle Version des Slicers auf der mitgelieferten microSD Karte. Dazu liefert Anycubic ein Profil für den Drucker. Die Anleitung zur Installation und zum Importieren des Profils finden sich ebenfalls auf der Karte. Für Einsteiger ist Cura meiner Meinung nach der etwas einfachere Weg in den 3D-Druck, PrusaSlicer ist aber auch kein Hexenwerk! Mit etwas YouTube und Ausprobieren findet ihr die wichtigsten Einstellungen schnell. Wer Cura kennt, muss sich an die etwas andere Menüführung und Einstellungsnamen gewöhnen.
Das von Anycubic mitgelieferte Profil setzt auf eine Druckgeschwindigkeit von 150mm/s. Wer will, kann hier und an vielen anderen Einstellungen nach Herzenslust herumspielen. Das Standard-Profil macht aber bereits einen annehmbaren Job und ist auch für einige unserer Drucktests zum Einsatz gekommen. Wer will, kann den Anycubic Kobra 2 natürlich auch mit anderen Slicern betreiben. Ein offizielles Profil gibt es aber momentan nur für PrusaSlicer.
Praxiseinsatz
In der Praxis ist die Handhabung des Kobra 2 ähnlich zu der anderer günstiger chinesischer Drucker. Profil und Slicer stellt der Hersteller zur Verfügung, dazu gibts auf der microSD Karte einige Probemodelle. Leider ist die Präzision des Auto-Levelings zwar erstklassig, das manuelle Einstellen des Z-Abstands dann aber eine arge Frickelei.
Das Menü des Kobra 2 ist intuitiv und übersichtlich dargestellt. Wir kennen zwar durchaus Oberflächen, in die mehr Liebe geflossen ist, funktional fehlt es bei Anycubic aber an nichts. Sogar eine rudimentäre deutsche Übersetzung steht zur Verfügung. Ansonsten finden sich vier Reiter im Menü, über die ihr den Drucker einstellen oder Drucke starten könnte. Alle Schaltflächen sind selbsterklärend. Über ein Licht verfügt der Kobra 2 leider nicht. Riemenspanner sind dafür vorhanden.
Während des Druckens zeigt euch der Anycubic an, wie weit der Druck schon ist, welche Temperaturen aktuell herrschen und bietet einige Einstellungen an. Unter anderem könnt ihr in einen Speed Modus wechseln, wenn euch die Ungeduld übermannt. Die Lüfter des Kobra 2 sind auf der lauten Seite, wir kennen das schon vom AnkerMake M5, hohe Geschwindigkeiten brauchen einfach eine starke Lüftung.
Der Verbrauch des Kobra 2 ist nicht zu verachten. Im Idle kommt der Drucker auf rund 7,5 Watt, beim Aufheizen sind es gerne mal jenseits der 450 Watt und beim normalen Drucken (60 °C Bett + 210 °C Düse) rund 70 Watt (siehe Bilder, jeweils mittlere Reihe, zweiter Wert von links).
Druckqualität
Anycubic wirbt zwar gerne mit einer Druckgeschwindigkeit von 250mm/s, immer bietet die sich für den Kobra 2 aber nicht an. Bei diesen Geschwindigkeiten leidet die Druckqualität teils deutlich. Dennoch kann der Drucker solche Geschwindigkeiten leisten. Für rein funktionale Teile ohne nennenswerte Feinheiten, aber auch ohne große zusammenhängende Flächen, mögen sich solche Geschwindigkeiten mal anbieten, generell fahrt ihr mit den voreingestellten 150mm/s aber deutlich besser.
Tatsächlich ist mein größter Kritikpunkt hier die teilweise ungenaue Ablage der ersten Schicht. Das korrekte Einstellen des Z-Abstands ist so eine Fummelei, dass es bei mir Anfangs gerne mal zu sichtbaren Problemen in der ersten Schicht gekommen ist. Zum Glück müsst ihr euch damit ja nicht oft herumschlagen. Einmal korrekt eingestellt, sind die Probleme nämlich schnell Geschichte. Dann ist die Druckqualität bei 150mm/s für mich überraschend gut. Mit Stringing hat der Drucker keine Probleme, Bridging gelingt richtig gut. Das Schichtbild ist ebenfalls überzeugend, die Drucke wirken sauber und präzise. Unser Test-Benchy ist bis auf etwas ghosting an der Rückseite 1A gelungen, selbst die 250mm/s Variante sieht noch wirklich ansehnlich aus!
Dennoch bringen die 250mm/s deutliche Probleme mit sich. Der Druckkopf kommt bei großen Flächen mit dem Schmelzen des Filaments nicht hinterher und so ergeben sich etwa bei Infill immer wieder Lücken. Von außen mag das kaum auffallen, für die Stabilität ist das aber natürlich Gift. Außerdem beginnt der Drucker bei diesen Geschwindigkeiten laut zu quietschen, einer der Motoren kommt wohl nicht ganz mit den entstehenden Kräften zurecht.
Probleme hat der Drucker schon bei 150mm/s mit sauberen Oberflächen und engen Kanten. Dazu kommen Überhänge, die ab 30° an der Unterseite unsauber werden. Zum Vergleich: Der M5 schafft hier etwa 10° mehr. Dafür druckt der Kobra unseren Torture-Test (mit dem Anker seinen M5 explizit beworben hat) bei 150mm/s richtig toll. Im Puncto Stringing und Präzision bei engen Spalten sogar besser als der M5. Insgesamt können die Ergebnisse aus dem Kobra 2 bei 150 mm/s voll überzeugen!
Testergebnis
Mischt der Anycubic Kobra 2 den 3D-Druck Markt auf und lässt in Zukunft auch Einsteiger in die Freuden besonders kurzer Druckzeiten kommen? Na ja … Teilweise. Für mich schießt Anycubic sich mit seiner 250 mm/s Ankündigung selbst ins Bein. Dafür ist der Drucker nicht gemacht. Hätte man den Drucker stattdessen einfach mit den 150 mm/s beworben, die er wirklich kann, könnten wir uns diesen Punkt hier sparen. So bleibt ein fader Beigeschmack. Eigentlich unnötig, denn eine Druckgeschwindigkeit von 150 mm/s out of the box ist für einen 300€ Drucker richtig stark! Vor allem, da die Druckergebnisse auch qualitativ weitestgehend überzeugen können!
Kritik haben wir nur bei einigen kleinen Punkten, die den Einstieg in den 3D-Druck mit dem Anycubic Kobra 2 dann aber doch spürbar erschweren. Das Auto-Leveling ist gut, der Z-Ausgleich dann aber schlecht gelöst. Die Kühlung könnte durchdachter gelöst werden und die Kabelführung auch etwas eleganter sein. Nicht vergessen können wir außerdem, dass mein Testmodell erst mit nachgeliefertem Ersatzteil überhaupt richtig gedruckt hat.
Insgesamt ist der Anycubic Kobra 2 aber ein richtiger starker Drucker geworden. Die Entwicklung der Geschwindigkeiten im FDM-Druck ist auf jeden Fall als sehr positiv zu bewerten und wir sind gespannt, wie sich die Druckgeschwindigkeiten im unteren Preissegment weiter entwickeln!
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Ich hab den 1er hier stehen. Ich verstehe freilich wieso man das Filament von oben an die Seite setzt, finde es aber maximal bescheuert. Bei mir lebt der Drucker in einem Schrank, das Filament in einem eigenen Abteil (mit Luftentfeuchter und so) oben drüber, nicht mit dem Drucker verbunden. Wenn ich dann sehe wie ich hier wieder das Zuführungskonzept umbauen müsste nervt mich das schon wieder, dieser Pseudo-Bowden nervt ja auch immens bei flexiblem Filament. Die Druckbettkalibrierung sehe ich nach wie vor eher als Hilfe denn als Allheilmittel; mit OctoPrint Plugins kann man wunderbar sehen wo das in seiner Aufhängung… Weiterlesen »